Das perfide Spiel mit dem Klima

Weitblick Artikel

Das perfide Spiel mit dem Klima

Wie RechtspopulistInnen die Energiewende gefährden wollen

Mehr als 1,5 Millionen SchülerInnen und Studierende fordern in über 2000 Städten weltweit mehr Klimaschutz und finden dabei breite gesellschaftliche Unterstützung, wie etwa die Anschluss-Bewegungen ScientistsForFuture und EntrepreneursForFuture zeigen. Die meisten rechtspopulistischen Parteien aber ignorieren das. Einer neuen Studie zufolge ist der Mehrheit der stärksten rechtspopulistischen Parteien Europas das Klima völlig egal. Klimaschutz wird größtenteils abgelehnt. Sieben dieser 21 rechtspopulistischen Parteien leugnen die menschengemachte Klimakatastrophe sogar komplett (siehe Abbildung unten). Neben der österreichischen FPÖ und der britischen Ukip vertritt auch die deutsche AfD diese krasse Position, die den Stand der Wissenschaft bewusst leugnet.

Dabei versuchen diese Parteien auch gezielt, die Energiewende auszubremsen. Dazu schlüpfen sie in eine Pseudo-Robin-Hood-Montur, missbrauchen den Landschaftsschutz und versuchen auf perfide Weise, berechtigten oder unberechtigten Protest gegen den Stromnetzausbau für sich zu kapern. Doch indem die Rechten die Klimakatastrophe und die Notwendigkeit von ertüchtigten oder neuen Netzen leugnen, gefährden sie die Sicherheit und die Lebensgrundlagen der heutigen und der kommenden Generationen. Das 1,5°C-Limit braucht die Energiewende. Und die Energiewende braucht einen zügigen Netzum- und Netzausbau. Und je weniger die Windkraft im Süden und Westen Deutschlands ausgebaut wird, umso mehr Netze werden benötigt. Die RechtspopulistInnen würden durch ihre Blockade der Energiewende Deutschland die Chance auf wirtschaftliche Vorteile durch Zukunftstechnologien und auf gute, zukunftsfähige Arbeitsplätze nehmen.

Wenn sich einige europäische RechtspopulistInnen doch für die Energiewende aussprechen, dann meist aus nationalistischer Motivation. Doch beim komplexen Umbau unseres Energiesystems bringen Alleingänge nichts. Fest steht: Globale Krisen wie die Klimakatastrophe kennen keine Grenzen. Das gilt auch für ihre Lösungen. Für eine bezahlbare und stabile Stromversorgung vollständig aus regenerativen Energien ist eine noch engere europäische Zusammenarbeit nötig. Viel Wind aus dem Norden und viel Sonne aus dem Süden Europas können helfen, dass alle EuropäerInnen immer mit günstigem erneuerbaren Strom versorgt sind.

Die deutschen RechtspopulistInnen von der AfD verlieren kein einziges Wort darüber, dass die Verbrennung jeder weiteren Tonne dreckiger Kohle Mensch und Umwelt in dramatischer Weise schaden. Am härtesten betroffen sind heute die Menschen des Globalen Südens, aber auch Deutschland bekommt die Folgen der Klimakatastrophe verstärkt zu spüren. Man denke nur an den verheerenden Hitzesommer im letzten Jahr oder die Schneemassen in diesem Winter in Süddeutschland. Wie der Sonderbericht des Weltklimarates IPCC betont, geht es jetzt um jedes Zehntel Grad vermiedene Erderhitzung. Es ist daher verantwortungslos, einem Projekt wie der Energiewende Steine in den Weg zu rollen.

Europa als politisches Friedens- und Sicherheitsprojekt muss seinem Anspruch auch in der Klimapolitik gerecht werden. Bei der Europawahl am 26. Mai muss der sozialverträgliche Klimaschutz im Mittelpunkt stehen. Das bedeutet, rechten Kräften keine Chance zu geben, mit nationalen Parolen den Klimaschutz zu gefährden.

Hendrik Zimmermann & Michelle Reuter

Weitere Infos: Adelphi-Studie „Convenient Truths – Mapping climate agendas of right-wing populist parties in Europe“, abrufbar unter www.adelphi.de/de/publikation/convenienttruths