Agrarökologie – Konzept für eine nachhaltige Landwirtschaft weltweit

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Agrarökologie – Konzept für eine nachhaltige Landwirtschaft weltweit

„Weiter wie bisher“ geht nicht! So hat der Weltagrarbericht 2008 seine Ergebnisse zusammengefasst. Mehr als 400 WissenschaftlerInnen kamen seinerzeit zur Erkenntnis, dass eine Landwirtschaft, die viel chemischen Dünger und Gifte gegen Insekten und Unkräuter einsetzt, nicht zukunftsfähig ist. Mehr als zehn Jahre später wird das Konzept der Agrarökologie als Gegenmodell zur industriellen Landwirtschaft immer mehr anerkannt. Weltweite Netzwerke von Kleinbäuerinnen und -bauern unterstützen es ebenso wie wissenschaftliche Institute und mittlerweile auch die Ernährungsund Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO). In Deutschland fordern mehr als 50 Organisationen aus Landwirtschaft, Handwerk, Umwelt und Entwicklung agrarökologische Prinzipien in der europäischen Landwirtschaft und in der Zusammenarbeit mit anderen Ländern zu stärken. Auch der Deutsche Bundestag hat einen Antrag der Regierungsfraktionen beschlossen, in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, die Agrarökologie stärker zu fördern. Er bezieht sich allerdings nur auf die Zusammenarbeit mit Entwicklungsländern. Zur Landwirtschaft in Deutschland und Europa sagt der Antrag nichts.

Agrarökologie ist kein starres Rezept, das sich überall auf der Welt gleich umsetzen lässt. Sie beruht auf Prinzipien, die sich an verschiedenen Standorten anwenden lassen. Dabei geht es um ökologische, soziale und wirtschaftliche Punkte.

Die wichtigsten sind Vielfalt und Kreislaufwirtschaft. Landwirtschaft wird als vom Menschen beeinflusster Teil der natürlichen Umwelt betrachtet. Daher soll die Landwirtschaft möglichst viele natürliche Prozesse für sich nutzen, statt sie auszuschalten und durch vom Menschen kontrollierte Prozesse zu ersetzen. Nährstoffe für die Böden und Pflanzen sollen vor allem aus Pflanzenresten und Tierdung stammen. Eine wichtige Rolle spielt dabei der Anbau von Pflanzen wie Erbsen und Bohnen, die Stickstoff aus der Luft sammeln können und dabei auf natürliche Weise düngen. Insekten, die die angebauten Nahrungspflanzen schädigen, werden durch natürliche Feinde unter Kontrolle gehalten. Da nicht jedes Jahr dieselben Pflanzen auf den gleichen Flächen wachsen, können sich Schädlinge nicht so stark vermehren.

Auf sozialer und wirtschaftlicher Ebene setzt die Agrarökologie auf kurze Wege. Lebensmittel sollen vor allem für den regionalen Markt erzeugt werden. Wenn sie nicht frisch verzehrt werden, soll die Verarbeitung möglichst auch in der Region stattfinden. Außerdem geht es darum, die Rechte der Bäuerinnen und Bauern an Land und Saatgut und ihre Position gegenüber den Handelsunternehmen zu stärken. Gegenüber den Konzernen, die Dünger und Pflanzengifte verkaufen, werden sie automatisch unabhängiger. Wenn Bäuerinnen und Bauern mehr Kontrolle über die Mittel erlangen, mit denen sie Nahrung erzeugen, können sie bessere Einkommen erzielen. Dazu ist es auch notwendig, dass Verbraucherinnen und Verbraucher stärker regional und ökologisch erzeugte Lebensmittel nachfragen.

Tobias Reichert

Weitere Infos: Positionspapier „Agrarökologie stärken!“ unter https://webshop.inkota.de/node/1563

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