Ein Neustart für die Handelsbeziehungen Afrikas mit der EU ist notwendig

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Ein Neustart für die Handelsbeziehungen Afrikas mit der EU ist notwendig

Weitblick 3/2017 Demo gegen EPAs

Seit langem schon umstritten: Demonstration gegen die unfairen Handelsabkommen der EU mit afrikanischen Staaten am Rande einer Fachtagung zum Thema im März 2009 in Berlin. Foto: Jörg Peter, Oxfam Deutschland

 
Seit mehr als 15 Jahren verhandeln die EU und regionale Zusammenschlüsse afrikanischer Länder weitgehend erfolglos über Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (EPAs). Mit den EPAs sollte die regionale Integration Afrikas und die Orientierung an internationalen Märkten gestärkt werden, indem die Regionen sich auf eine gemeinsame Handelspolitik einigen und zugleich den internen Handel liberalisieren. Wichtigstes Element ist, dass die EU ihre Märkte nicht mehr einseitig für afrikanische Märkte offenhält, da dies in der bisherigen Form die Regeln der Welthandelsorganisation WTO verletzt. Daher sollen auch die Zölle gegenüber der EU abgebaut werden, wobei allerdings eine Reihe von Gütern ausgenommen sind. Zudem werden Beschränkungen auf den Export von Rohstoffen weitgehend verboten. Obwohl die EPAs bereits 2007 abgeschlossen werden sollten, ist bis heute in Afrika erst ein regionales EPA mit der südafrikanischen SADC-Region unterzeichnet. In anderen afrikanischen Regionen haben einzelne Länder bilaterale Abkommen mit der EU geschlossen, die sich teilweise widersprechen; andere Länder wiederum sind faktisch aus den Verhandlungen ausgestiegen.

EPAs verfehlen ihre Ziele

Bei einer von Germanwatch im Juni 2017 mitorganisierten Tagung in Berlin stellten afrikanische ExpertInnen fest, dass sich die übergeordneten Ziele – regionale Integration, Wirtschaftswachstum und Armutsbekämpfung – mit den bislang verhandelten Abkommen nicht erreichen lassen. Der Zwang zur Marktöffnung und das Verbot, Rohstoffexporte zu kontrollieren, verhindern eine eigenständige Wirtschaftspolitik der afrikanischen Länder und somit Wertschöpfung und Beschäftigung. Die meisten afrikanischen Länder überfordert die Aufgabe, binnen weniger Jahre die Märkte innerhalb ihrer jeweiligen Region zu öffnen, gleichzeitig eine gemeinsame Strategie im Handel mit der EU zu entwickeln sowie Umwelt-, Arbeits- und Menschenrechtsstandards zu verbessern. In der EU selbst dauerte die Entwicklung eines gemeinsamen Marktes mit einer gemeinsamen Außenhandelspolitik mehrere Jahrzehnte.

Kanzlerin Merkel stellt Neuverhandlung in Aussicht

Obwohl die Bundesregierung die Verhandlungen der Europäischen Kommission in den letzten Jahren unterstützt hat, zeigte Kanzlerin Angela Merkel kürzlich erstmals eine kritische Sicht auf die EPAs. Im Rahmen einer öffentlichen Diskussion mit zivilgesellschaftlichen Gruppen im Vorfeld des G20-Gipfels nannte sie die bestehenden Verträge der EU mit afrikanischen Staaten „nicht richtig“. Beim EU-Afrika-Gipfel im Herbst sollten Gespräche darüber geführt werden, wie Handelsverträge mit Afrika neu verhandelt werden könnten. Mit einem Neustart in den Handelsbeziehungen, der die Interessen und Pläne der afrikanischen Länder in den Vordergrund stellt, könnte die neu gewählte Bundesregierung ein zentrales Element der dringend nötigen Partnerschaft auf Augenhöhe mit Afrika gestalten.
 

Tobias Reichert

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