Pressemitteilung | 06/10/2005 - 00:00

EU-Milchüberschüsse setzen Bauern weltweit unter Druck.


 

Gemeinsame Pressemitteilung

Bielefeld, 06.10.05: Die entwicklungspolitischen Organisationen Misereor und Germanwatch und die Bauernvertretung Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) rufen die Agrarminister von Bund und Ländern auf, die deutsche Milchquote nicht zu erhöhen. Die Milchquote regelt die gesetzlich zugesicherte Abnahmemenge produzierter Milch. Sie legt somit fest, wie viel Milch einem Bauer garantiert abgenommen wird. Anlässlich der Agrarministerkonferenz in Bielefeld betonen die Organisationen, dass zusätzliche Quoten die Überschuss-Situation in Europa nur noch verschärfen würden. Schon jetzt seien die Überschüsse und die damit verbundenen niedrigen Preise verantwortlich für die desaströse Lage von Milchbauern sowohl in Deutschland als auch in Entwicklungsländern. Deswegen dürfe die von der EU für die nächsten drei Jahre beschlossene Quotenerhöhung von 1,5 Prozent nicht umgesetzt werden. Ein Drittel der zusätzlichen Milchmenge steht dabei Deutschland zu. Würde Deutschland die zusätzliche Milchquote nicht an Produzenten verteilen und statt dessen in der nationalen Reserve parken, würde der Milchüberschuss nicht so stark wie möglich wachsen. Andere EU-Länder sollten dem deutschen Beispiel folgen."Wir fordern Bund und Länder deshalb auf, die zusätzlichen Quoten nicht auszuteilen und sie vom Markt fern zu halten", fordern Sprecher der Verbände. "Die Milchmenge in der EU muss runter und zwar in Richtung Eigenverbrauch, ebenso sind die Exportsubventionen noch in den nächsten Jahren abzubauen."

Die Milcherzeugung liegt in der EU schon heute rund zehn Prozent über dem europäischen Verbrauch. Der größte Teil der Überschüsse wird mit Hilfe von Exportsubventionen zu Dumpingpreisen auf dem Weltmarkt abgesetzt, wodurch Kleinbauern in Entwicklungsländern der Absatz ihrer Milchprodukte auf heimischen Märkten erschwert wird. Auch die deutschen Milchbauern leiden unter den Überschüssen, denn der momentane Milchpreis deckt nicht einmal ihre Vollkosten.

"Es ist nicht nachvollziehbar, dass die ohnehin schon schwierigen Bedingungen für Milchbauern noch verschärft werden sollen", kritisiert Michael Windfuhr, Vorstandsvorsitzender von Germanwatch. "Die Quotenausdehnung ist kontraproduktiv und aus entwicklungspolitischer Sicht absolut falsch." Notwendig sei, die von der EU künstlich verbilligten Milch-Exporte endlich zu stoppen, statt die Überschlussmenge und damit den Exportdruck weiter zu erhöhen.

Bernd Voß, Milchbauer und stellvertretender Vorsitzender der AbL, betont, dass Deutschland sehr wohl Möglichkeiten habe, die zusätzlichen Milchmengen vom Markt fern zu halten und das Signal zu geben, dass die Erzeugung nicht erhöht werden darf. "Wer wie Politiker aller Parteien von der EU zu Recht fordert, die Erhöhung zurückzunehmen, der muss doch im eigenen Land die Spielräume nutzen, um das Signal auf Überschussabbau zu stellen", richtet sich Bernd Voß an die Ministerkonferenz.

"Die bestehende Agrarpolitik der EU schafft in den armen Ländern Hunger und zerstört Entwicklungschancen", sagt Alicia Kolmans von Misereor. "Die EU exportiert beispielsweise mit Hilfe von Subventionen in 25 Kilogramm-Säcken Milchpulver nach Burkina Faso. Ein Liter wiederaufbereiteter Milch aus europäischem Milchpulver kostet etwa die Hälfte dessen, was ein Liter einheimische Frischmilch kostet. Lokale Produzenten werden dadurch vom Markt verdrängt und die Existenz der traditionellen Milchviehhalter Westafrikas ist gefährdet."
 

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