Bewusstsein zu schaffen bleibt die globale Herausforderung

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Creating the necessary momentum is a challenge across the globe

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Bewusstsein zu schaffen bleibt die globale Herausforderung

Interview mit Tasneem Essop aus Südafrika, Leiterin des Klimaverhandlungsteams des WWF International beim Klimagipfel 2011
Bild: Tasneem Essop

Im Bild: Tasneem Essoop

Der Klimagipfel dieses Jahr in Südafrika  ist vielleicht entscheidend für die Zukunft des Kyoto-Protokolls. Wie fühlen Sie sich?

Wir sind erfreut und nervös zugleich aufgrund dieser Herausforderung. Beim WWF Südafrika haben wir in der Vorbereitung auf den Klimagipfel zwar die politischen Realitäten einbezogen, aber gleichzeitig in den Vordergrund gestellt, dass mehr Ambition und eine höhere Umweltintegrität notwendig sind.

Was würde nach Ihrer Einschätzung ein Erfolg in Durban bedeuten, was ein Scheitern?

Es gibt ein großes Risiko, dass die Verhandlungsparteien sich bei zentralen Themen nicht einigen werden, wie z. B. den rechtlichen Fragen. Hierzu gehört eine zweite Verpflichtungsperiode des Kyoto-Protokolls. Der WWF vertritt zudem die Position, dass wir ein Mandat für die Aushandlung eines rechtlich verbindlichen Abkommens auf Ebene der Konvention für alle Länder brauchen. Dieser Verhandlungsprozess sollte bis spätestens 2015 in ein solches Abkommen münden.

Doch es besteht auch die Gefahr eines Kollapses des gesamten Verhandlungsprozesses. Wir benötigen ein ausgewogenes Paket. Dazu gehören auch Fortschritte bei der langfristigen Klimafinanzierung für Entwicklungsländer, z. B. den Green Climate Fund zu operationalisieren. Es müssen innovative Finanzquellen identifiziert werden, die die von den Industrieländern versprochene Finanzierung wirklich liefern, insbesondere Abgaben auf den internationalen Schiffs- und Flugverkehr sowie die Finanztransaktionssteuer. Zudem muss ein System ausgearbeitet werden, das Transparenz bei Klimaschutz-Maßnahmen sichert. Nicht zuletzt brauchen wir auch ein starkes Anpassungspaket. Leider sind neue und ambitioniertere Klimaschutz-Versprechen nicht zu erwarten. Aber wir können die Umweltintegrität durch bessere Anrechnungsregeln und das Schließen von Schlupflöchern erhöhen. Zudem sind eine Vereinbarung, dass nach dem Jahr 2015 die weltweiten Emissionen nicht mehr steigen dürfen, und ein globales Reduktionsziel von mindestens 80 Prozent bis 2050 gegenüber dem Stand von 1990 wichtige Ziele für den Klimagipfel. Vereinbarungen zu all diesen Themen wären ein großer, wenn auch nicht ausreichender Fortschritt.

Der Klimagipfel in Südafrika wird auch als afrikanischer Klimagipfel gesehen. Wie nehmen die Menschen in Südafrika den Gipfel wahr?

Wir als WWF haben versucht darauf hinzuwirken, dass die Idee eines afrikanischen Klimagipfels Realität wird. Hier sind viele Menschen in die Vorbereitung des Klimagipfels involviert, doch die Mehrheit benötigt weitere Bewusstseinsbildung. Aber es gibt viele innovative Aktivitäten vor Ort. Es bleibt eine globale Herausforderung, Bewusstsein zu schaffen und zu erklären, warum Handeln gegen den Klimawandel und dieser politische Prozess so wichtig sind.

Die südafrikanische Regierung hat kürzlich eine nationale Klimastrategie verabschiedet und wird in Durban die „South African Renewables Initiative (SARI)“ vorstellen. Kann Südafrika damit einen transformativen Wandel zu einer emissionsarmen Entwicklung einleiten?

Der WWF ist erfreut, dass die nationale Klimastrategie noch vor Durban vereinbart wurde. Wir unterstützen insbesondere den Kohlenstoff-Budget-Ansatz, bei dem das langfristige Klimaziel auf sektorale CO2-Budgets herunter gebrochen wird. Aber die Umsetzung wird auch eine große Herausforderung. Der WWF Südafrika hat auch die Suche der Regierung nach Möglichkeiten zum Ausbau der Erneuerbaren Energien unterstützt. SARIs Fokus auf innovative Finanzierungsansätze und den Nutzen für die eigene Wirtschaft sind gute Beispiele, wie ein solcher Wandlungsprozess zu einer emissionsarmen Wirtschaft gut für die Entwicklung und Arbeitsplätze sein kann.

Deutschland steigt aus der Kernenergie aus, bei gleichzeitig hohen Klimazielen. Wie wird dies in Südafrika wahrgenommen?

Die Position, die Deutschland jetzt aufgrund des großen öffentlichen Drucks eingenommen hat, hilft den Nichtregierungsorganisationen in Südafrika, sowohl hinsichtlich ihrer Kampagne gegen Kernenergie als auch bei den Forderungen nach mehr Investitionen in Erneuerbare Energien. Internationaler Druck solcher Art hilft uns sehr dabei, lokal Druck aufzubauen.

 

Interview: Sven Harmeling

 

Das ungekürzte Interview auf Englisch: