Nota de prensa | 26/04/2004

Reicher, fetter und nicht viel glücklicher.


 

Gemeinsame Pressemitteilung von Heinrich-Böll-Stiftung und Germanwatch

Berlin, 26.4.2004. Am heutigen Montag wurde in Berlin die deutschsprachige Fassung des "Berichts zur Lage der Welt 2004" des Worldwatch-Institutes in Washington vorgestellt. Der Bericht analysiert weltweite Konsumgewohnheiten und -motivationen und ihre zunehmend negativen Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaften. Konkret formuliert der Bericht eine Reihe von Forderungen sowohl an Verbraucher wie auch an die Politik. Mitherausgeber der deutschen Ausgabe sind die Heinrich-Böll-Stiftung und Germanwatch.

"Wir müssen uns fragen: Was ist genug? Was ist angesichts der Zunahme des weltweiten Konsums von diesem Planeten noch ertragbar? Der Norden, also auch wir Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland sind gefragt, mit anderen und besseren Beispielen voranzugehen, damit die sehr viel größere Zahl von Menschen im Süden, insbesondere in den Schwellenländern, nicht dieselben Fehlentwicklungen vollziehen wie wir!" - so Klaus Milke, stellvertretender Vorsitzender von Germanwatch bei der Vorstellung des neuen Worldwatch-Berichts. "Die Menschen im Süden haben natürlich das Recht, letztlich genauso zu konsumieren wie wir. Doch die Ressourcen sind endlich und die Belastbarkeit mit Treibhausgasen und Schmutz ist schon jetzt über das erträgliche Maß hinausgewachsen."  Auch deshalb werde in diesem Jahr in "Zur Lage der Welt" als gesonderter deutscher Beitrag von Germanwatch das brisante Beispiel Flugverkehr dargestellt. "Wir regen an, dass in Zukunft weniger und wenn doch, dann klimabewusst geflogen wird", so Milke weiter.

Für die Heinrich-Böll-Stiftung sagte deren Vorstand Ralf Fücks: "Der moderne Massenkonsum hat die ökologischen Grenzen auf breiter Front überschritten, und das Gesetz des 'immer mehr und immer billiger' ist der mächtigste Antrieb für den ökologischen Ruin des Planeten geworden. 'Geiz ist geil' als Werbeslogan einer Kaufhaus-Kette - nichts bringt diese perverse Dumping-Logik besser auf den Begriff". Doch es gebe auch gute Nachrichten, so Fücks weiter. "Mit der Verantwortung der Konsumenten wurde auch ihre Macht als Nachfrager entdeckt. Nichts fürchten moderne Unternehmen mehr als öffentliche Attacken, mit denen sie wegen ökologischer oder sozialer Sünden an den Pranger gestellt werden", betonte Fücks.

Auch die deutsche Politik muss sich diesen Herausforderungen stellen. Im September 2004 verabschiedet die Bundesregierung ihren Fortschrittsbericht zur nationalen Nachhaltigkeitsstrategie. Die Förderung nachhaltiger Produktions- und Konsummuster muss dabei als prioritäres Ziel formuliert werden.

Allerdings kann die Politik einen Kurswechsel nicht alleine organisieren. Nachhaltige Entwicklung und globale Gerechtigkeit liegen auch in der Hand der vielen Millionen Konsumentinnen und Konsumenten - entscheidend wird sein, ob diese auf dem Markt der Möglichkeiten ihre Gestaltungsmacht wahrnehmen.

Konsum ist mittlerweile für 1,7 Milliarden Personen auf diesem Globus zur Selbstverständlichkeit geworden, während 2,8 Milliarden Menschen mit weniger als zwei Dollar pro Tag um ihre nackte Existenz kämpfen. Der verschwenderische Lebensstil in den Industrieländern und den Ober- und Mittelschichten der sogenannten Entwicklungsländer und Schwellenländer trägt zur Zerstörung der ökologischen Lebensgrundlagen für die ärmeren Bevölkerungsschichten bei.

Mit diesen Konsequenzen befasst sich der neue Worldwatch-Report. Gleichzeitig skizziert er die Umrisse einer künftigen Ökonomie, die dem entfesselten Konsum eine andere Vision vom "Guten Leben" entgegensetzt.
 

Die deutsche Ausgabe von "State of the World 2004. The Consumer Society" vom Worldwatch Institute unter Mitherausgeberschaft von Germanwatch und der Heinrich-Böll-Stiftung erscheint unter dem Titel "Zur Lage der Welt 2004. Die Welt des Konsums" im Verlag Westfälisches Dampfboot, Münster, 320 S., 19,90 Euro, ISBN 3-89691-570-3
 

Für Interviewwünsche (auch mit Gary Gardner, Director for Research des Worldwatch-Institutes, der bis 29.4. in Berlin ist) wenden Sie sich bitte an:

  • Michael Alvarez, Heinrich-Böll-Stiftung, Pressesprecher, Tel. 030-28534-202 oder 0175-5221811
  • Ralf Willinger, Germanwatch-Pressereferent, Tel: 030-2888 356-5


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