Die Riester-Rente: Soll Ihr Geld zukunftsverträglich angelegt werden?

Weitblick Artikel

Die Riester-Rente: Soll Ihr Geld zukunftsverträglich angelegt werden?

 

Jetzt können die VerbraucherInnen zeigen, ob ihre Worte durch Taten gedeckt sind. 80 Prozent der BundesbürgerInnen hatten kürzlich in einer repräsentativen Emnid-Umfrage behauptet, sie wollten bei der Anlage ihres Geldes für die private Rente auch ökologische oder soziale Kriterien berücksichtigt sehen. Ein Teil der Anbieter aber wettet darauf, dass die Deutschen das nicht so ernst meinen; dass sie in der Praxis durchaus in Kauf nehmen würden, notfalls durch ihre persönliche Zukunftsvorsorge die gemeinsame Zukunft zu untergraben. So kündigte die ADIG an, einer der künftigen Anbieter, sich an den Mustervertragsentwurf des Bundesverbandes Deutscher Investment-Gesellschaften zu halten, in dem es heißt, dass zu Gunsten der Rendite auf ethische, soziale und ökologische Investments verzichtet wird.

Wie werden die Verbraucher reagieren? Werden sie den Mut haben, zu sagen: zu einer Aktienkultur gehören auch die Verantwortung der Aktionäre für ihre Unternehmen und die von diesen ausgehenden sozialen und ökologischen Konsequenzen? Längst ist der Wahlschein nicht mehr die einzige Möglichkeit, politischen Einfluss auszuüben. Wo wir unser Geld ausgeben und wofür wir es "arbeiten" lassen, ist nicht weniger wichtig. Mit der Entscheidung über unsere Geldanlage stimmen wir auch darüber ab, wer unter welchen Umständen für die Mehrung unseres Geldes arbeitet. Mit unserem "Stimmrecht" bei der Geldanlage können wir sogar einen gewissen Einfluss auf transnationale Unternehmen jenseits unserer politischen Grenzen ausüben. Noch stehen wir ganz am Anfang einer solchen Entwicklung. Werden die Verbraucher diese Chance zum finanzpolitischen Engagement ergreifen? Werden Sie ihren Beitrag leisten, die Kluft zwischen privatem Reichtum und öffentlicher Armut nicht immer größer werden zu lassen? Schon jetzt setzt ein gewisser Wettstreit der Unternehmen ein, in den - in vieler Hinsicht unvollkommenen, aber politisch sehr wichtigen - Dow Jones Sustainability Group Index aufgenommen zu werden. Plötzlich fangen Finanzabteilungen von Unternehmen an, sich für soziale und ökologische Kriterien zu interessieren - weil ein solches Interesse in Zukunft kursrelevant werden könnte.

Jedenfalls haben Sie jetzt ein Recht darauf zu erfahren, ob Ihr Anbieter bei der Geldanlage neben den selbstverständlichen Kriterien wie Rendite und Sicherheit auch soziale und ökologische Kriterien anwendet. Jeder Anbieter im Rahmen der "Riester-Rente" muss jährlich berichten, ob und wenn ja welche Kriterien er berücksichtigt.

Anders als bei der ersten Generation von Produkten der ethischen Geldanlage gibt es heute viele dieser Angebote, bei denen weder Rendite noch Sicherheit in Mitleidenschaft gezogen werden. Oft schneiden sie sogar besser ab. "Kein Wunder", sagt Rüdiger Kimpel, Fondsmanager von Gerling, "langfristig zahlt es sich aus, wenn nicht nur das finanzielle, sondern auch das soziale und ökologische Kapital vermehrt wird". Kaum jemand wird bei der Geldanlage für seine Privatrente bei den klassischen Kriterien - Rendite, Sicherheit, Liquidität - Abstriche machen wollen. Wer aber außerdem durch seine private Zukunftssicherung nicht die gemeinsame Zukunft untergraben will, sollte mindestens drei Dinge beherzigen:

Prinzipiell keinen Vertrag unterzeichnen, bevor das entsprechende Produkt zertifiziert ist. Noch bis Ende 2002 können Verträge abgeschlossen werden, ohne die 2002 erstmals möglichen Zuschüsse zu gefährden.

Sie sollten Ihren Versicherer, Fondsanbieter usw. anschreiben, ob er bei der Gestaltung "seiner" Produkte auch soziale, ökologische oder ethische Kriterien anwendet; wenn ja, welche? Stellen Sie jedem, der Sie werben will, auch diese Frage. (vgl. Briefaktion).

Zeichnen Sie keinen Vertrag, bevor der Anbieter Sie nicht darüber informiert, ob und welche Kriterien er anwendet.

Christoph Bals
 

 

Nachhaltigkeitsberichtspflicht

Mit der deutschen Rentenreform ist, angeregt von GERMANWATCH und der Stiftung Zukunftsfähigkeit, Transparenz und Nachhaltigkeit im Finanzbereich ein gutes Stück vorangekommen. Die neue Vorschrift lehnt sich an eine ähnliche Regelung in Großbritannien an. Dort müssen die Fonds für die private und betriebliche Altersvorsorge seit dem 3. Juli 2000 berichten, "the extent (if at all) to which social, environmental or ethical considerations are taken into account in the selection, retention and realisation of investments".

Eine ähnliche Berichtspflicht müssen nun auch Fondsgesellschaften, Versicherungen oder Banken in Deutschland erfüllen, wenn ihre Produkte vom Staat als förderungswürdig anerkannt werden sollen. Zertifiziert werden nur Produkte, deren Fondsverwalter jährlich darüber berichtet, "ob und wie er ethische, soziale und ökologische Belange bei der Verwendung der eingezahlten Altersvorsorgebeiträge berücksichtigt". Dies haben am 11. Mai 2001 Bundesrat und  Bundestag im Altersvermögensgesetz (AVmG) beschlossen. Am 1.1.2002 tritt es in Kraft. Nahezu gleich sind die Gesetzestexte für die private und betriebliche Altersvorsorge.