Risiko für das Weserland steigt

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Risiko für das Weserland steigt

Bereits seit Oktober 2004 liegt die zweite Studie des BMBF-Programms "Klimaänderung und Küste" vor. Die beiden Forscher Bastian Schuchardt und Michael Schirmer analysieren darin die Risiken des steigenden Meeresspiegels für die Region Unterweser. Während andere Studien zum Meeresspiegelanstieg meistens einen späteren Bezugspunkt wie z.B. das Jahr 2100 wählen, ist es hier hauptsächlich das Jahr 2050. Schon bei dieser relativ kurzfristigen Perspektive kommen die Autoren zu alarmierenden Ergebnissen. Da diese in der deutschen Öffentlichkeit kaum zur Kenntnis genommen wurden und aufgrund der immer stärkeren Anzeichen für einen beschleunigten Meeresspiegelanstieg durch Schmelzprozesse in Grönland und der Westantarktis veröffentlichen wir Auszüge aus einer Besprechung von Jochen Luhmann.

"Aus den Sensitivitätsrechnungen des IPCC [2001, Anm.d.Red.] haben die Autoren der KLIMU-Studie den höchsten aller dort berücksichtigten Fälle gewählt, um daraus einen Anstieg um 40 Zentimeter bis zum Jahre 2050 abzulesen. Das entspricht einem Meeresspiegelanstieg um 90 Zentimeter im Jahre 2100.

Diesen anscheinend - in Wahrheit aber nur scheinbar - extremen Wert haben sie für ihre Studie verwendet.

Den Anstieg des Meeresspiegels darf man aber nicht, wie viele Klimaforscher als deichtechnische Laien meinen, bereits mit dem Anstieg des Bemessungswasserstandes für Küstenschutzanlagen gleichsetzen.

Die der Deichpraxis nahen Forscher aus Norddeutschland sagen, an der Unterweser sei auf Basis eines Meeresspiegelanstiegs von 40 Zentimetern ein beinahe doppelt so hoher Anstieg des Bemessungswasserstandes einzukalkulieren.
Zu den 40 Zentimetern aus dem globalen Meeresspiegelanstieg kommen deshalb drei regionale Faktoren hinzu: Erstens, der mit dem Meeresanstieg einhergehende Reibungsverlust führt zu einer Erhöhung des Tidehochwassers um 15 Zentimeter. Zu diesem addiert sich zweitens die tektonische Senkung der Norddeutschen Küste in einer Größenordnung von ebenfalls 15 Zentimetern. Hinzu kommt im Übrigen drittens der Wind, der zunimmt und die Wahrscheinlichkeit des Wellenüberlaufs an den Deichen steigert. Das führt zwar nicht generell zu einem Anstieg des Bemessungswasserstandes, wohl aber zu einem Anstieg der lokal festgelegten so genannten Bestickhöhe von Deichen. Im typischen Falle macht das noch einmal rund 10 Zentimeter aus. Zusammen also 80 Zentimeter.

(...) Gegenwärtig weisen die Deiche des rechten Weserufers, an dem Bremen und Bremerhaven liegen, ein recht hohes Schutzniveau gegenüber einem Wellenüberlauf auf, im Mittel von einem Überlauf in rund 3.000 Jahren [d.h. statistisch gesehen erfolgt alle 3000 Jahre eine Überflutung bzw. das Überflutungsrisiko pro Jahr beträgt 1/3000; d.Red.]. Am linken Weserufer ist ein Schutzniveau von immerhin noch einem Überlauf in 1.000 Jahren realisiert. (...) Kommt der Klimawandel, so drückt er das Schutzniveau am linken Ufer um den Faktor 5 bis 10 - allein bis zum Jahr 2050. Anwohner (...) sehen sich laut KLIMU mit einer Wiederkehrhäufigkeit in der Größenordnung von rund 130 Jahren konfrontiert. Das gilt allerdings nur, sofern nichts zum Ausgleich getan wird."

Quellen:
Luhmann, J. (2005): Klimawandel und Küstenschutz, in: Berliner Republik 2/2005.
Schuchardt, B. & Schirmer, M. (Hrsg.) (2005): Klimawandel und Küste. Die Zukunft der Unterweserregion. Springer-Verlag.