Globale Entwicklungsziele für alle – auch die reichen Industrieländer

Weitblick Artikel

Globale Entwicklungsziele für alle – auch die reichen Industrieländer

Im September 2015 sollen die Vereinten Nationen in New York eine neue Agenda mit globalen Entwicklungszielen (Sustainable
Development Goals – SDGs) für den Zeitraum ab 2015 beschließen. Diese baut auf dem bisherigen Prozess der Millenniumsziele zur Armutsbekämpfung (engl. MDGs) auf, die von 2000 bis 2015 entscheidend nationale Politiken in Entwicklungsländern sowie Entwicklungspolitiken und -finanzierung durch die Industrieländer geprägt haben.

Dabei sind die Länder noch fern davon, die MDGs komplett zu erreichen. Auch seitens Deutschlands stagnieren die Mittel der Entwicklungszusammenarbeit und entsprechen nur etwa der Hälfte der immer wieder versprochenen 0,7 Prozent der Wirtschaftsleistung. Vereinbart die Staatengemeinschaft jetzt neue Entwicklungsziele, muss es erste Priorität sein, zunächst die MDGs vollständig zu erreichen.

Beim Post-2015-Prozess handelt es sich jedoch um mehr als eine Fortführung der Millenniumsziele. Vielmehr geht es darum, eine Entwicklung herbeizuführen, die die planetaren Grenzen – wie Klimawandel, Biodiversitätsverlust, Ressourcenverbrauch – beachtet. Damit weitet sich der Fokus von einer Agenda der Armutsbekämpfung und Unterstützung für arme Länder zur Verantwortung auch von Industrie- und Schwellenländern und der wachsenden globalen Mittelschicht.

Schlüsselthema Klimawandel

Diese Dynamik spiegelt sich auch in den bisherigen Verhandlungen im Rahmen einer offenen Arbeitsgruppe zu den SDGs wider. Bisher konnten sich Diplomaten und andere Akteure in New York auf einen vorläufigen Zielkatalog von 17 Hauptzielen einigen, der zu Umweltthemen Bereiche wie Energie, nachhaltigen Konsum, Biodiversität und marine Ressourcen umfasst. Das Thema Klimawandel findet sich dort auch als Ziel wieder. Doch hier bremsen Schwellenländer wie Industrieländer, konkret z. B. Brasilien und Großbritannien, die die Debatte insgesamt verkürzen wollen. Klar ist jedoch, dass ungebremster Ressourcenverbrauch und Klimawandel eine noch so ambitionierte Agenda für Armutsminderung zunichte machen. Die Ergebnisse des Weltklimarats IPCC zeigen, dass der Klimawandel es zunehmend erschwert, soziale SDG-Ziele wie Ernährungssicherung, Gesundheitsversorgung und sauberes Wasser zu erreichen. Weltbankpräsident Jim Yong Kim hat daher Recht, wenn er sagt: „Wenn wir den Klimawandel nicht bekämpfen, werden wir die Armut nicht beenden.“

SDGs für Deutschland

Die Bundesregierung gehört bislang zu den ambitionierten Verhandlern in New York. Deutschland hat aber auch mit einem Ressourcenverbrauch, der hochgerechnet auf die Weltbevölkerung mehr als 2,5 Erden benötigen würde, eine direkte Verantwortung. Darüber hinaus kommt ihm als Industrieland eine systemische Verantwortung als Rollenbild für andere Industrie- und Schwellenländer zu: Wird die Energiewende z. B. national ausgebremst, werden andere Länder den notwendigen Schritt zur Transformation der Energiesysteme gar nicht erst versuchen. Deshalb sollte ausführlich über die Inhalte der SDGs und deren Umsetzung in Deutschland beraten werden. Auch sollte dies mit der für 2016 geplanten Neuauflage der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie zusammengeführt werden. Diese Themen bringt Germanwatch im Rahmen seiner Mitgliedschaft in der deutschen Wissens- und Wissenschaftsplattform Sustainable Development Solution Network (SDSN-Germany) voran.
 

Sönke Kreft & Klaus Milke

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