Press Release | 02 November 2014

Bericht des Weltklimarats erhöht Druck für zügigen Kohleausstieg

IPCC-Report zeigt Nachbesserungsbedarf für die Klimaziele: Bundesregierung muss Einstieg in den Kohleausstieg einleiten, die EU ihre Ziele für 2030 erhöhen
Pressemitteilung

Kopenhagen/Berlin (2. Nov. 2014). Als dringenden Aufruf zum Handeln für Bundesregierung und EU bewerten Germanwatch und Brot für die Welt den am Sonntag vorgestellten Synthesebericht des Weltklimarats IPCC. "Der IPCC zeigt deutlich auf, dass wir weltweit bis Mitte des Jahrhunderts einen Ausstieg aus der Kohleverstromung brauchen, wenn das Zwei-Grad-Limit eingehalten werden soll", sagt Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch. "Die Bundesregierung muss nun die richtigen Schlüsse daraus ziehen: Wir brauchen jetzt den Einstieg in den Kohleausstieg, wenn wir unsere Klimaziele für 2020 noch schaffen wollen." Sabine Minninger, Klimaexpertin bei Brot für die Welt, ergänzt: "Der IPCC hat konkret beziffert, wie klein das CO2-Budget ist, das die Menschheit noch aufbrauchen darf um unter zwei Grad Erwärmung zu bleiben. Wenn die EU das Zwei-Grad-Limit noch ernst nimmt, muss sie vor dem Weltklimaabkommen in Paris im nächsten Jahr ihre Ziele für 2030 deutlich nach oben korrigieren."

Der IPCC lässt in seinem Bericht keine Zweifel daran, dass eine Erwärmung über zwei Grad massive Gefahren für große Teile der Menschheit bedeuten würde. Die Modelle der Wissenschaftler zeigen, dass es Grenzen der Anpassung gibt. Bei einer angenommenen Erhöhung der Temperatur um vier Grad, auf die die Welt laut IPCC bis zum Jahr 2100 zusteuert, wären Gefahren für die Welternährung in verschiedenen Weltregionen kaum noch zu bewältigen. "Da sprechen wir dann nicht mehr von 805 Millionen Hungernden, sondern von Milliarden“, so Sabine Minninger von Brot für die Welt.

"Der IPCC zeigt in einer bisher nicht gekannten Deutlichkeit, dass wir bei einer Erwärmung um vier Grad in einer anderen Welt mit wesentlich größeren Gefahren leben würden. Die Risiken wären unkalkulierbar", betont Bals. Er nimmt vor allem die Bundesregierung in die Pflicht. Das Kabinett wird am 3. Dezember über das Klimaschutzaktionsprogramm von Umweltministerin Barbara Hendricks beraten, mit dem der Trend der zuletzt steigenden CO2-Emissionen in Deutschland umgekehrt werden soll. Bals: "Es wäre ein fatales Signal an die Welt, wenn das Energiewendeland Deutschland sein selbst gestecktes Klimaziel von minus 40 Prozent CO2-Emissionen bis 2020 verfehlt. Um ein solches Fiasko zu verhindern, brauchen wir jetzt Beschlüsse, die Kohleverstromung zurückzufahren."

Der Synthesebericht verbindet  die wichtigsten Elemente der drei IPCC-Teilberichte. Die Zusammenschau auf Treibhausgasemissionen und deren Auswirkungen auf Menschheit und Ökosysteme sendet klare Signale an die politischen Entscheidungsträger: Jenseits von zwei Grad Erwärmung sind trotz wirkungsvoller Klimaanpassung immer mehr Schäden zu erwarten. Es besteht Konsens, dass die weniger entwickelten Länder am stärksten vom Klimawandel betroffen sein werden. Der IPCC-Synthesebericht betont, dass die Anpassung an die zu erwartenden Folgen des Klimawandels nun beginnen muss.

"Der IPCC hat berechnet, dass wir unser verbleibendes CO2-Budget, mit dem wir unter zwei Grad Erwärmung bleiben können, bei der jetzigen Entwicklung in weniger als 30 Jahren verbraucht haben werden", erläutert Sabine Minninger. "Für Millionen Menschen in den ärmsten Ländern der Erde geht es hierbei um das Überleben. In einer Vier-Grad-Welt wird die Zahl der Hungernden stark zunehmen. So müssten wir auch damit rechnen, dass es mehr gewaltsame Konflikte um Ressourcen gibt und Millionen mehr Klimaflüchtlinge."

Zusätzliche Gefahren birgt die massive Versauerung der Ozeane durch die Aufnahme von CO2 und Wärme, die der IPCC erstmals genauer unter die Lupe genommen hat. Die Wissenschaftler haben gezeigt, dass die Versauerung eine Größenordnung erreicht hat, die in der Menschheitsgeschichte beispiellos ist. Minninger: "Wir veranstalten hier ein Großexperiment mit unseren Ozeanen, dessen Auswirkungen auf die Nahrungskette in und auf den Meeren dramatisch sein können. Dies bedroht insbesondere Hunderte Millionen Menschen, die vom Fischfang leben."