Press Release | 29 April 2002

Nachhaltigkeit als europäische Antwort auf die Globalisierung nutzen.


 

Pressemitteilung

Berlin/Bonn 29.4.02 Zur heutigen Veröffentlichung des Handels- und Entwicklungsberichts 2002 der UNCTAD erklärte Dr. Michael Baumann, stellvertretender Vorsitzender der Nord-Süd Initiative GERMANWATCH e.V.: "Die Entwicklungsländer haben mit ihrer Zustimmung zu einer neuen Welthandelsrunde im November 2001 in Doha eine globale Verantwortung gezeigt. Der diesjährige Handels- und Entwicklungsbericht der UNCTAD macht deutlich, dass die Welthandelsmächte EU, USA und Japan mehr Offenheit für die dringenden Anliegen der Entwicklungsländer zeigen sollten, als heute (fast 5 Monate nach Doha) erkennbar ist". Eine volle Marktöffnung würde den Entwicklungsländern laut UNCTAD jährlich zusätzliche Marktchancen von über 700 Mrd. Euro, d.h. um 50% höhere Einnahmen eröffnen. Hier bestünden auf Grund des Machtgefälles grobe Ungerechtigkeiten im Welthandelssystem zu Lasten der Entwicklungsländer. Struktur und Höhe der Schutzmaßnahmen der Industrieländer zwängen die Entwicklungsländer zu verzerrten Investitions- und Handelsstrukturen, belasteten die Umwelt, behinderten einen Abbau von Armut und erhöhten den Konkurrenzkampf der Entwicklungsländer untereinander.

Die Industrieländer profitierten dagegen von niedrigen Preisen für Rohstoffe und mit ungelernter Arbeit erzeugte Produkte. "Die Aufgabe der EU als Welthandelsmacht Nr. 1 muss dagegen darin bestehen, die Chancen der Globalisierung über ihre legitimen eigenen Interessen hinaus im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung zu nutzen. Deutschland und die EU können auf ihre ökologische und soziale Vorreiterrolle aufbauen" kommentierte Baumann.

GERMANWATCH-Agrarexperte Dr. Rainer Engels kritisierte den UNCTAD-Bericht, weil er - bei den zu recht geforderten zusätzlichen Exportchancen für Agrarprodukte der Entwicklungsländer - Kriterien einer standortgerechten nachhaltigen Landwirtschaft im Norden und der Ernährungssicherung im Süden nicht genügend beachte. Engels bemerkte: "Eine den Interessen der Entwicklungsländer Rechnung tragende Verhandlungsrunde bei der WTO muss weiter gehen, als bisher geplant und auch von der UNCTAD gefordert. Der UNCTAD-Bericht kritisiert zu Recht, dass die in der Doha-Runde geplante Eliminierung der Agrar-Exportsubventionen nicht mit einem Zeitplan versehen ist und fordert, dass dieser Prozess für solche Produkte beschleunigt wird, die von Interesse für Entwicklungsländer sind. Er spricht auch die direkten Einkommensübertragungen an, die die Entwicklungsländer hindern, neue Handels-Chancen zu nutzen, allerdings ohne hierfür Vorschläge zu machen, etwa die von manchen Entwicklungsländern geforderte Deckelung der einheimischen Unterstützung in Industrieländern. Viel zu schwach ist der UNCTAD-Bericht auch, wenn es um die berechtigten Forderungen der Entwicklungsländer geht, ihre Märkte mit Hilfe einer speziellen "Development-Box" zu schützen. Diese muss mehr umfassen als nur eine Zusammenfassung der Regelungen zur speziellen und differenzierten Behandlung in den relevanten Abkommen."