Die Zeit zum Erreichen der Treibhausgasziele wird knapp

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Die Zeit zum Erreichen der Treibhausgasziele wird knapp

Das 2015 vereinbarte Paris-Abkommen sieht vor, dass die Vertragsstaaten die erste Runde zur Ambitionserhöhung nach fünf Jahren, also in diesem Jahr, abschließen. Der folgende Beitrag zeigt eindrücklich, wie weit in der Umsetzung des globalen Klimaschutzes Anspruch und Realität auseinanderklaffen und wie dringend die einzelnen Länder im Jahr 2020 ihre Ambitionen erhöhen müssen. Die Corona-Pandemie darf die notwendigen Entscheidungen nur kurze Zeit verzögern.

Germanwatch zitiert Auszüge aus einem Kommentar, der in der Fachzeitschrift Nature erschienen ist:

„Das letzte Jahrzehnt politischen Versagens im Klimaschutz ist uns richtig teuer geworden. Die zum Handeln verbliebene Zeit schrumpfte um zwei Drittel. Im Jahr 2010 dachte die Welt, sie hätte noch 30 Jahre, um die weltweiten Treibhausgasemissionen zu halbieren. Heute wissen wir, dass dies in zehn Jahren geschehen muss, um die Auswirkungen des Klimawandels zu minimieren. Kleine Veränderungen, welche damals noch hinreichend gewesen wären, reichen mittlerweile nicht mehr aus.

Die weitere schlechte Neuigkeit ist, dass das zugesagte Handeln von allen Ländern zusammengenommen weit davon entfernt ist, diese Forderungen zu erfüllen. Anstatt die Emissionen bis 2030 zu halbieren, führen die Zusagen der Länder zu einem leichten Wachstum. Und noch schlimmer: Einzelne Länder sind nicht einmal auf dem Weg, die Zusagen zu erfüllen, die von Anfang an ungenügend waren und mittlerweile leider unangemessen sind.

Die bessere Neuigkeit ist, dass mehr Länder, Regionen, Städte und Wirtschaftsunternehmen tiefe schnelle Transformationen, die dringend nötig sind, durchführen. In großem Maßstab umgesetzt, könnte dies die in Paris vor mehr als vier Jahren vereinbarten gemeinsamen Klimaziele erreichbar werden lassen. […]

Wenigstens das Vereinigte Königreich (zusammen mit 75 Vertragsstaaten) und Kalifornien haben ambitionierte Ziele gesetzt, um klimaneutral zu werden. […]

In einer Momentaufnahme zeigen wir, wie wenig die individuellen Zusagen der Länder mit den gemeinsam vereinbarten Zielen kompatibel sind. […]

Unsere Analyse zeigt, dass sich die Kluft seit 2010 um das Vierfache vergrößert hat.

[…] drei Gründe dafür. Zuerst, die weltweiten jährlichen Treibhausgasemissionen sind zwischen 2008 und 2018 um 14 % gestiegen. […] Zweitens, weil die Risiken der Klimaänderung besser verstanden werden, stimmt die internationale Gemeinschaft nun überein, dass sie eine niedrigere Erwärmungsobergrenze einhalten will, als es vor zehn Jahren beschlossen wurde. Und Drittens, die neuen Klimaversprechen der Länder reichen nicht aus. […]

Die Länder sind nicht einmal auf dem Weg, ihre gegenwärtig völlig unzureichenden Zusagen von 2015 zu erreichen […]

Von den G20-Ländern müssen sieben (Australien, Brasilien, Kanada, Japan, Südkorea, und die USA) die bestehende Politik umsetzen oder neue Maßnahmen vorlegen (Die USA haben begonnen, sich vom Paris Abkommen zurückzuziehen, und werden im November austreten). Russland und die Türkei haben sich wenig ehrgeizige Ziele gesetzt, die sie ohne weitere neue Politiken erreichen können. […]

Doch haben in einigen Sektoren, Ländern, Regionen, Städten und Wirtschaftsunternehmen in den letzten zehn Jahren fundamentale politische Transformationen begonnen, sich abzuzeichnen. Diese Innovationen versuchen die UN-Nachhaltigkeitsziele (SDGs), darunter auch das zu Klima, zu erreichen. […]

Ehrgeiziges Handeln

Am meisten ermutigt, dass seit dem Paris-Abkommen zahlreiche agile Länder, Regionen, Städte und Unternehmen radikale Änderungen versprochen oder bereits umgesetzt haben […]

Netto-Null-Emissionsziele wurden beschlossen oder werden erwogen. […] Zusammengenommen decken diese Entitäten 21 % der weltweiten Treibhausgasemissionen ab.

[…] Dreiundfünfzig Länder und 31 Staaten und Regionen haben sich explizit zu einem emissionsfreien Stromsektor verpflichtet. […]

Stahlgiganten wie ThyssenKrupp in Essen und SSAB in Stockholm peilen Null-Emissionen für die Stahlproduktion bis 2050 bzw. 2045 an. Der Baustoffhersteller Heidelberg Zement mit Geschäftszentrale in Deutschland will im Jahr 2050 eine Zementproduktion mit Null-Emissionen erreichen. […]

Erneuerbare Energien

Die Kosten Erneuerbarer Energien sinken schneller als vorhergesagt. Erneuerbare sind aktuell in der Welt meistens die preiswerteste Quelle für die Stromerzeugung […].

Die Lücke schließen

Diese wenigen Erfolgsgeschichten müssen vervielfältigt werden und in jedem Sektor muss sich Fortschritt spiegeln. […]

Die Lücke ist derart gewaltig, dass die Regierungen, der Privatsektor und Unternehmen in einen Krisenmodus wechseln, ihre Klima-Zusagen ambitionierter machen und sich auf baldiges und aggressives Vorgehen festlegen müssen. Sonst geraten die Langfristziele des Paris-Abkommens außer Reichweite. Wir können keine weiteren zehn Jahre verlieren.“

Quelle: Nature Ausgabe 579, 5. März 2020, S. 26-28