Eine Frage der (Klima-)Gerechtigkeit

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Eine Frage der (Klima-)Gerechtigkeit

Kommentar

 

Deutschland hat mit dem dynamischen Wachstum der Erneuerbaren Energien weltweit für Aufsehen gesorgt. Dieses Wachstum muss für die nächsten Jahre aufrechterhalten und ausgedehnt werden, z.B. auf den Wärmebereich, um den Innovationsmotor Klimaschutz auf Hochtouren zu bringen. Die beim Energiegipfel Anfang Oktober prominent diskutierte Energieeffizienz wartet aber immer noch auf entscheidende Impulse durch die Bundesregierung.

Trotz der vorzeigbaren Erfolge sollte sich Bundesumweltminister Sigmar Gabriel auf kritische Fragen beim UN-Klimagipfel in Nairobi vorbereiten. "Wie passen die Ankündigungen der Bundesregierung, die Gefahren des Klimawandels für die Entwicklungsländer ernstzunehmen, dazu, dass in Deutschland riesige neue Kohlekraftwerke gebaut werden?" könnte ein Kenianer zurecht fragen.

Die CO2-arme Kohleverstromung, von Sigmar Gabriel als Clean Coal bezeichnet, muss angesichts der stark wachsenden Kohlenutzung in China, Indien, Brasilien oder Südafrika ernsthaft geprüft werden, mit kritischem Blick auf die Risiken und technischen Fragezeichen. Noch ist diese Technologie, bei der CO2 in geologische Formationen eingelagert wird, Zukunftsmusik - und dennoch müssen neue Kohlekraftwerke auf eine mögliche spätere Umrüstung zur CO2-Abscheidung und -Lagerung vorbereitet sein.

In Nairobi werden die zunehmend katastrophalen Auswirkungen des Klimawandels auf die ärmsten Länder im Mittelpunkt stehen. Die Entwicklungsländer erwarten zurecht stärkere Unterstützung bei der Anpassung an die Folgen der Klimaerwärmung, aber auch weitergehende CO2-Reduktionsangebote der EU und Maßnahmen der Technologiekooperation. Sigmar Gabriel sollte in Nairobi ein offenes Ohr für die Anliegen dieser Länder haben und diese Fragen während der kommenden deutschen G8-Präsidentschaft vorantreiben.

Ein Schwerpunkt dieser Präsidentschaft wird die Umsetzung der Millenniumsentwicklungsziele in Afrika sein. Werden hier Fortschritte erzielt, so sind die Menschen auch gegenüber den Folgen des Klimawandels weniger anfällig. Ob diese Ziele bis 2015 in Afrika ohne einen Quantensprung bei der Anpassung an die Klimaveränderungen noch erreicht werden können, ist mehr als fraglich. Die G8, die größten Volkswirtschaften der Welt, sind die Hauptverursacher des Klimawandels - sie müssen deshalb die Anpassungsmaßnahmen in Entwicklungsländern zu großen Teilen mitfinanzieren. Denn die Betroffenen des Klimawandels - vor allem die Menschen in ländlichen Regionen der ärmsten Länder - dürfen mit der Bewältigung der Folgen nicht länger alleine gelassen werden. Das ist keine Frage des Mitleids, sondern der (Klima-)Gerechtigkeit.

Sven Harmeling
Leiter des Germanwatch-Projekts für Klimaschutz und Armutsbekämpfung

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