Press Release | 07 October 2018

Weltklimarat: Jedes Zehntelgrad vermiedene Erwärmung zählt

IPCC-Sonderbericht: 1,5 Grad sind noch erreichbar / Jenseits dieser Grenze steigen Risiken und Kosten der Klimakrise enorm an / Deutliche Fortschritte beim Klimaschutz sofort notwendig / Kohleausstieg bis etwa 2030 nötig
Pressemitteilung

Bonn/Incheon (8. Okt. 2018). Brot für die Welt und Germanwatch begrüßen den Sonderbericht des Weltklimarats IPCC als "starkes Signal für deutlich ambitionierteren Klimaschutz". Dieser "wichtige Wegweiser aus der Klimakrise" zeigt, dass ab einer Erwärmung über 1,5 Grad die Risiken und volkswirtschaftlichen Kosten des Klimawandels massiv steigen. Die gute Nachricht ist: Die Begrenzung der Erwärmung auf dieses Limit ist bei zügigem und entschiedenem Handeln machbar.

"Der Weltklimarat IPCC zeigt: Es geht um jedes Zehntel, ja sogar jedes Hundertstel Grad vermiedene Erwärmung", betont Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch. "Schon ab einer Erwärmung um 1,5 Grad können klimatische Kipp-Punkte erreicht werden, die dann kaum noch beeinflussbare Prozesse anstoßen. Zugleich steigen die volkswirtschaftlichen Kosten der Folgen des Klimawandels bei einer Erwärmung über 1,5 Grad rapide."

"Der Weltklimarat geht davon aus, dass sich klimabedingte Migration und Vertreibung bei einer Erwärmung von 1,5 Grad – und umso mehr bei 2 Grad Erwärmung - verstärken werden“, erklärt Cornelia Füllkrug-Weitzel, Präsidentin des evangelischen Entwicklungswerks Brot für die Welt. Doch die Menschen, die vor steigendem Meeresspiegel, Dürren und Stürmen fliehen, sind bislang weitestgehend rechtlos. „Die internationale Gemeinschaft muss schnellstmöglich Regelungen schaffen, damit Betroffene des Klimawandels geschützt werden. Die Industrieländer als Hauptverursacher des Klimawandels müssen auch finanziell zu ihrer Verantwortung stehen", betont Füllkrug-Weitzel.

Germanwatch und Brot für die Welt fordern mehr Tempo und Ambition beim Klimaschutz. "Die vom IPCC errechneten CO2-Budgets erlauben kein Zögern: Weltweit müssen in wenigen Jahren deutliche Fortschritte gemacht werden und die großen Emittenten müssen ihre Klimaziele erhöhen. Für die Industrieländer heißt dies, dass der sozialverträgliche Ausstieg aus der Kohle bis ungefähr 2030 vollzogen werden muss, aus den übrigen fossilen Energieträgern wie Öl und Gas möglichst bis zirka 2040. Dank der rapiden Entwicklung bei erneuerbaren Energien ist dies technisch möglich und auch ökonomisch sinnvoll“, kommentiert Bals die Botschaft des IPCC-Berichts.

Klimafinanzierung ist eine zukunftsweisende Investition

„Die Botschaft des Weltklimarats ist eindeutig: Jetzt muss gehandelt werden, und alle müssen an einem Strang ziehen. Das bedeutet auch, dass ärmere Staaten finanziell unterstützt werden, damit sie ihren notwendigen Beitrag zum Klimaschutz leisten können“, sagt Füllkrug-Weitzel. Klimafinanzierung sei eine zukunftsweisende Investition. „Lieber jetzt Emissionen senken und weltweit nachhaltige Entwicklung fördern als später Unsummen für Klimaschäden zu zahlen.“

Im Großteil seiner Szenarien  geht der Weltklimarat davon aus, dass CO2 ab der zweiten Hälfte des Jahrhunderts der Atmosphäre entzogen werden muss. Doch die dafür notwendigen Techniken bergen Risiken, Unsicherheiten und zum Teil hohe Kosten. "Vorausschauende und nachhaltige Politik sollte mit sofortigem ambitioniertem Klimaschutz den Einsatz solcher Technologien weitgehend unnötig machen", betont Bals. "Nur ergänzend können risikoarme Technologien zur CO2-Entnahme eine sinnvolle Rolle spielen, wie zum Beispiel der Ersatz vieler Stahlanwendungen durch die treibhausgasneutrale Herstellung von Carbonfasern. Nachhaltiger Waldschutz und agrarökologische Anbaupraktiken würden CO2 zudem auf natürliche Weise in Bäumen und Böden binden. Ziel muss der Übergang zu einem Wohlstandsmodell sein, das die globalen Nachhaltigkeitsziele unter Achtung der Grenzen des Planeten und der Menschenrechte erreicht."