Blogpost | 23 March 2018

47. Plenarsitzung des Weltklimarats - Die Klimawissenschaft wirft einen Blick zurück und nach vorne

Blog-Beitrag von Manfred Treber, März 2018
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Die 47. Sitzung des Weltklimarats (IPCC) – der höchsten Instanz der internationalen Klimawissenschaft – die in Paris vom 13. bis 16. März 2018 im UNESCO-Hauptsitz stattfand, begann mit einem aufschlussreichen Blick zurück auf die 30 Jahre seines Bestehens.



Die wissenschaftliche Diskussion um eine bevorstehende menschengemachte Klimaänderung kam in den 1980er Jahren zunehmend auf – wie etwa die Villach-Konferenzen 1980, 1983 und 1985. Es gab dabei eine Vielzahl von Aussagen, die teilweise in verschiedene Richtungen zeigten. Damit die Wissenschaft mit einer Stimme gegenüber der Politik spricht, gründeten 1988 WMO und UNEP (das Umweltprogramm der UN) den Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) mit den drei Arbeitsgruppen:

  • I Klimawissenschaft,
  • II Auswirkungen der Klimaänderung und Anpassung und
  • III Emissionsminderung.


Schnell entwickelte sich der IPCC zur weltweit höchsten Autorität in Fragen des Klimawandels. Diese Autorität erlangte er durch die Regeln, die für seine Arbeitsweise bei der Berichtserstellung zur Anwendung kommen. Dies ist ein dreifacher Begutachtungs-(Review-)Prozess, der im ersten Schritt die Wissenschaft und die Zivilgesellschaft einbezieht, im zweiten Schritt erneut, aber unter Hinzunahme der Regierungen. Der dritte Review wird nur von den Regierungen durchgeführt und die Zusammenfassung für die EntscheidungsträgerInnen wird im Konsens aller Regierungen angenommen.

Am ersten Tag von IPCC 47 wurden unter Anwesenheit von mehreren amtierenden französischen MinisterInnen, mit zentralen COP 21-Akteuren wie Laurence Tubiana und Laurent Fabius, aber auch der Exekutivsekretärin der UN Klimarahmenkonvention Patricia Espinosa, die Erfolge des IPCC gefeiert.

Als Schlaglichter unter den fünf Sachstandsberichten und zahlreichen Sonderberichten zum weltweiten wissenschaftlichen Stand zu Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel stechen heraus:

  • Der erste Sachstandsbericht des IPCC (1990) führte zur UN-Klimarahmenkonvention (1992)
  • Der zweite Sachstandsbericht (1995) führte zum Kyoto-Protokoll (1997)
  • Der fünfte Sachstandsbericht (2013/14) führte zum Paris Abkommen (2015).

Die wissenschaftliche Entwicklung des Verständnisses der menschengemachten Klimaänderung während der 30 Jahre wurde als Fortschritt dargestellt. Bei jedem weiteren Sachstandsbericht stieg die Sicherheit der Aussage, dass der Mensch der Hauptverursacher der beobachteten Klimaänderung ist (vgl. Abb.1).

Abb. 1: Fortschritt des IPCC bei dem Nachweis und der Zuschreibung beobachteter Erwärmung zu menschlicher Aktivität [1]

Diese in der Arbeitsgruppe I des IPCC erarbeitete Erkenntnis ist für die Regierungen die Rechtfertigung, den menschengemachten Klimawandel als neues Phänomen ernsthaft anzugehen. Die Arbeitsgruppe I entwickelt zudem – abhängig von verschiedenen gesellschaftlichen Entwicklungen – Projektionen für eine unterschiedliche mögliche zukünftige Erwärmung des Klimas (Szenarien). Von der Arbeitsgruppe II kommen Aussagen über die zu erwartenden Folgen der Klimaänderung und wie sich die Staaten daran anpassen können. Die Arbeitsgruppe III macht Vorschläge, auf welche Weise und mit welchen Kosten die Treibhausgasemissionen vermindert werden können.

Nachdem der erste Tag von IPCC 47 der 30-Jahr-Feier gewidmet war, folgte die Abarbeitung der Tagesordnung. Da in Paris weder ein Sonderbericht noch ein Sachstandsbericht verabschiedet wurde, sind die dort erarbeiteten Ergebnisse für die Öffentlichkeit weniger handlungsrelevant. Die substantiellste bei IPCC 47 in Paris gefasste Entscheidung betraf das Thema „alignment von IPCC mit GST von UN FCCC“ – also die Fortführung der oben aufgeführten Schlaglichter zum wissenschaftlichen Informieren der UNFCCC durch den IPCC. Dabei geht es in der Umsetzungsphase des Paris Abkommens um die Synchronisierung der IPCC-Arbeit mit der globalen Bestandsaufnahme der UN Klimarahmenkonvention. Die globale Bestandsaufnahme (Global Stocktake, GST) soll ab dem Jahr 2023 alle fünf Jahre durchgeführt werden. Da der Zyklus des Weltklimarats aber sechs oder sieben Jahre lang ist, ist der derzeitige IPCC-Rhythmus mit dem des GST asynchron. Allerdings drängen die meisten Staaten darauf, dass die neuesten Erkenntnisse der Wissenschaft – welche UNFCCC über den IPCC vermittelt bekommt – zeitnah den GST erreichen.

Wie dies am besten gelöst werden soll, wird eine Arbeitsgruppe ("Task Group") erörtern. Diese wurde auf IPCC 47 samt Terms of References etabliert, um sich um das besagte Thema zu kümmern. Zur Einrichtung der Arbeitsgruppe hatte es vorab 37 submissions von Staaten gegeben. Sie trägt nun den Namen "Task Group on the organization of the future work of the IPCC in light of the global stocktake" und wird von Mexiko und Frankreich geleitet. Bis spätestens 2020 soll ein Vorschlag vorgelegt werden, wie mit dem alignment von IPCC zum GST umgegangen wird.

Das IPCC-Plenum fasste zudem noch weitere Entscheidungen über:

  • die Fortführung der Arbeitsgruppe zu TG-ICA (IPCC Task Group on Data and Scenario Support for Impact and Climate Analysis).
    Diese Arbeitsgruppe hat den Aufgabenbereich, sich darum zu kümmern, wie die immensen Datenmengen der Klimamodellrechnungen dauerhaft archiviert werden können und wie diese weltweit an Interessenten verteilt werden.
  • das Budget: die auf der letzten Plenarsitzung in Montreal diskutierte kritische Finanzsituation hat sich entspannt, da verschiedene Staaten (beispielsweise Frankreich) nennenswerte Beträge freiwillig in den IPCC einspeisten.
  • die Gründung einer Arbeitsgruppe zur Stärkung der Gender-Gerechtigkeit bei IPCC und
  • das IPCC Scholarship Programme: Seit der Verleihung des Friedensnobelpreises an den IPCC im Jahr 2007 wurde mit Mitteln aus dem Preisgeld die Ausbildung von NachwuchswissenschaftlerInnen aus Entwicklungsländern durch zweijährige PhD-Stipendien gefördert. In Paris wurde beschlossen, die Förderung auszuweiten. Zusätzlich sollen sogenannte Chapter Scientists für den 6. Sachstandsbericht unterstützt werden. Damit ist die Förderung von Nachwuchswissenschaftlern gemeint, die durch die Förderung spezifisch zu einzelnen inhaltlichen Kapiteln des kommenden Sachstandsberichts wissenschaftlich zuarbeiten.

[1] Quelle: John Mitchell, der seit Beginn der IPCC-Arbeiten mitgewirkt hat.

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Manfred Treber

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