Am Anfang passten gar nicht alle ins Café

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Am Anfang passten gar nicht alle ins Café

Interview mit Elisa Garrote Gasch, Gründerin des ersten Repair Cafés in Berlin
Weitblick-Bild 1/14: Elisa Garrote Gasch

 
Was waren deine Beweggründe, ein Repair Café in Berlin zu gründen?

Ich habe häufig Geräte auf dem Sperrmüll gefunden und gemerkt, dass vieles einfach zu reparieren war. Gleichzeitig ärgere ich mich, weil immer noch viel zu viel produziert und weggeschmissen wird. Das ist eine riesige Energieverschwendung und Ausbeutung von Ressourcen. Eine Kollegin hatte von den Repair Cafés in Köln gehört und wir haben überlegt, erstmals eines in Berlin anzubieten. Ich fand die Idee genial und habe im Januar 2013 unsere erste Veranstaltung organisiert. Und im Dezember haben wir den Berliner Umweltpreis in der Kategorie Umweltengagement erhalten. Wir freuen uns riesig über diese Anerkennung!

Was braucht es für die Organisation eines Repair Cafés?

Wir holten uns Unterstützung von der Stiftung „Stichting Repair Cafés“. Sie schickten uns ein Paket mit Tipps, Logo, rechtlichen Hinweisen und Vorlagen für Flyer. Damit spart man sich viel Arbeit und ist automatisch Teil eines bundes- und europaweiten Netzwerks. In Schöneweide hat uns der Verein „Industriesalon“ einen schönen Raum und Werkzeug für das Repair Café zur Verfügung gestellt. Dann muss man vor allem TechnikerInnen und TeilnehmerInnen finden. Gute Netzwerke sind dabei wichtig und auch die Presse hilft, um die Idee zu verbreiten.

Wie finanziert sich euer Repair Café?

Die Kosten sind nicht hoch, da wir das Café nur ein- bis zweimal monatlich für drei bis vier Stunden veranstalten. Eine Person des Trägervereins, oder wie in meinem Fall eine Ehrenamtliche, organisiert es. Grundsätzlich baut das Repair Café auf ehrenamtlicher Arbeit auf: TechnikexpertIn nen, die helfen und oft das eigene Werkzeug mitbringen, TeilnehmerInnen und NachbarInnen, die auch Werkzeug leihen oder mal Kuchen backen. Die Teilnahme ist kostenlos, aber eine Spende für Strom, Miete, Spezialwerkzeug oder Ersatzteile wird sehr geschätzt.

Wie werden die Repair Cafés von den Menschen angenommen?

Die Menschen sind begeistert, am Anfang passten gar nicht alle ins Café. Sie wollen nicht alles wegschmeißen, freuen sich auf einen Ort, wo sie mit Hilfe der TechnikerInnen ihr Gerät zum Laufen bringen können, wo sie sich über Wertschätzung, Konsumgewohnheiten oder geplante Obsoleszenz austauschen können. Es kommen auch ältere und einkommensschwächere Menschen, die sich teure Reparaturen oder neue Geräte nicht leisten können. Viele sind zufrieden, auch wenn eine Reparatur mal nicht gelungen ist. Sie haben es immerhin versucht, vielleicht einiges gelernt und sich ausgetauscht. Und die „Heldinnen und Helden“ des Repair Cafés, die geübten Reparatur-ExpertInnen, geben gern ein paar Tricks weiter, damit unsere Müllberge nicht so schnell wachsen. Manchmal muss man nur einen kleinen Kontakt säubern oder neu löten und es läuft wieder.

Was sind eure Herausforderungen?

Wir wollen die Repair Cafés als Nachbarschaftsorte etablieren, die von der Stadt gefördert werden. Ohne Förderung ist unsere Situation prekär. Außerdem sollten Repair Cafés besser vernetzt sein, um mehr Einfluss auf politische Entscheidungen etwa im Bereich Produktherstellung oder Gewährleistung zu nehmen.
 

Interview: Julia Otten
 

Weitere Infos:
Repair Café von Elisa Garrote Gasch und Kunst-Stoffe e. V.: www.kurzlink.de/repaircafe-berlin
Repair Cafés deutschlandweit: www.anstiftung-ertomis.de/selbermachen/repair-cafe/
Stiftung „Stichting Repair Cafés”: www.repaircafe.org

Gemeinsam dem Defekt auf der Spur: Die Besitzerin eines elektrischen Rührgerätes und ein Reparatur-Experte im Repair Café von der Transition-Initiative „Bonn im Wandel“ & Haus Müllestumpe in Bonn (weitere Infos: www.bonn-im-wandel.de).

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