Wer zahlt, wer handelt, wer profitiert?

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Wer zahlt, wer handelt, wer profitiert?

Gerechtigkeits-Check durch ein "Equity-Reference-Framework"


Ohne Gerechtigkeit wird es kein neues Klimaabkommen geben – ohne Klimaabkommen allerdings auch keine globale Gerechtigkeit. Davon sind die meisten Verhandlungsstaaten unter der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen überzeugt und so hat die Gerechtigkeit in diesem Jahr ihren Platz in den internationalen Verhandlungen wiedergefunden. Doch wie ist festzustellen, wer wie viel für Klimaschutz und Anpassung tun und zahlen muss? 

Germanwatch schlägt einen dreidimensionalen Ansatz zur Klimagerechtigkeit vor, der auf dem Teilen von Anstrengungen, Risiken und Chancen basiert. 

Das Teilen der Anstrengungen („effort sharing“) orientiert sich in der Klimarahmenkonvention an dem Prinzip der gemeinsamen aber differenzierten Verantwortung. Dabei geht es darum, die nötige Emissionsreduktion zwischen den Ländern gerecht zu verteilen. Diese Debatte dominierte bis zum Klimagipfel in Kopenhagen (2009) die Gerechtigkeitsdebatte. Bei den Verhandlungen dazu prallen hauptsächlich die Interessen von Industrie- und Schwellenländern aufeinander. Dementsprechend wurde der „Deal“ in Kopenhagen letztlich im Hotelzimmer zwischen den USA und einigen Schwellenländern ausgehandelt und fiel entsprechend schwach aus. 

Bei der zweiten Dimension, der Risikoteilung, steht im Mittelpunkt, wie früh sowie in welchem Ausmaß die Emissionen und damit die Risiken des Klimawandels gesenkt werden. Außerdem geht es darum, die Verursacher für Risikovorsorge (Anpassung) und Bewältigung der Schäden zahlen zu lassen. Diese Dimension verändert die Dynamik grundlegend. Denn plötzlich geht es nicht mehr darum, möglichst wenig, sondern möglichst viel Klimaschutz zu machen. Weil mit jedem Jahr, in dem man nicht handelt, die Risiken steigen und es deutlich teuerer wird, die weiteren Risiken zu begrenzen. In den Verhandlungen stehen sich bei dieser zweiten Gerechtigkeitsdimension die besonders verletzlichen Staaten und die Nationen mit den größten historischen und aktuellen Emissionen gegenüber.

Die größte Dynamik aber kann durch das Teilen von Chancen entstehen. Die Energiewende im Rahmen einer ernsthaften Klimastrategie bedeutet eine neue industrielle Revolution. Wie lassen sich die Chancen auf dem Weg dahin fair verteilen und dabei Anreize für Vorreiter setzen? Vorreiterstaaten müssen sich Staaten widersetzen, die stark von der Nutzung oder vom Export fossiler Energieträger abhängig sind. 

Nur das Zusammenspiel der drei Dimensionen kann eine gerechte und wirkungsvolle Lösung beflügeln. Es kann Dynamik für zukunftsorientierte Klimaarchitektur, Klimaschutz und -finanzierung erzeugen. 

Ergänzend können Indikatoren entwickelt werden, die soweit wie möglich diese Prinzipien widerspiegeln und zur Umsetzung des Ansatzes dienen. Das NGO-Netzwerk „Climate Action Network“ schlägt dazu fünf Indikatoren vor: wissenschaftliche Angemessenheit, Verantwortung, Kapazität, Bedarf an Anpassung und Bedarf an Entwicklung. Solche Kriterien können eine wichtige Rolle spielen, um anhand eines Gerechtigkeits-Checks einzuschätzen, ob und im welchem Maß einzelne Staaten ihrer Verantwortung für Klimaschutz und -finanzierung nachkommen. Trittbrettfahrer lassen sich identifizieren und Vorreiter erkennen. Durch die damit hergestellte Transparenz können Umwelt- und Entwicklungsorganisationen Druck aufbauen und Staaten ihre ersten Bereitschaftserklärungen anpassen, bevor sie letztendlich beschlossen werden. 

Ziel ist es, dass beim diesjährigen Klimagipfel in Warschau die drei Dimensionen der Gerechtigkeit Berücksichtigung finden. Und dass die Bereitschaft wächst, die eigenen Anstrengungen an solchen Kriterien im Rahmen eines „Equity Reference Frameworks“ zu messen. 

Rixa Schwarz