Meldung | 11.10.2012

Verhandlungen um den Ausbau der europäischen Stromnetze gehen in die heiße Phase

Gemeinsame NGO-Stellungnahme im Rahmen einer Konsultation der EU-Kommission eingebracht
Logos: GW-NABU-DUH

Die Verhandlungen in Brüssel um die Ausgestaltung der Verordnung zu transeuropäischen Energieinfrastrukturen gehen in eine heiße Phase. Ziel dieser Verordnung soll es sein, vorrangige Energieprojekte von europäischem Interesse („Projects of Common Interest“ – PCI) zu identifizieren und für diese einen vereinfachten Rechtsrahmen sowie ein mehr an Bürgerbeteiligung umzusetzen. Nach einer entscheidenden Abstimmung im Industrieausschuss des Europäischen Parlaments im September 2012 treten Mitte Oktober 2012 die Verhandlungsführer des Europäischen Parlaments und des Ministerrats in informelle Verhandlungen, die möglicherweise bis zum Energieministerrat am 3. Dezember abgeschlossen sein könnten.

Der Weg hin zu nahezu 100% Erneuerbare Energien macht den Um- und Ausbau der Stromnetze in ganz Europa nötig. Für die Versorgungssicherheit ist dabei auch eine bessere Vernetzung der europäischen Nachbarn untereinander von großer Bedeutung. Hierfür ist der Verordnungsvorschlag ein wichtiger Baustein, allerdings sollte er jetzt in den derzeit anstehenden Verhandlungen zwischen Europäischem Parlament und Ministerrat noch weiter verbessert werden:

  • Die langfristigen EU-Klima- und Energieziele müssen noch stärker im Vorschlag berücksichtigt werden. Die Lebensdauer der Infrastrukturen, die jetzt gebaut werden, reicht bis in die Mitte dieses Jahrhunderts, wenn wir unser Energiesystem fast vollständig dekarbonisiert haben müssen. Neue Energieinfrastrukturen dürfen nicht im Widerspruch zu dieser langfristigen Vision stehen.
  • Es muss eine stärkere Priorität auf Strategien des Nachfragemanagements, Smart Grids und andere Technologien gelegt werden, die eine hohe Flexibilität des Energiesystems und eine bessere Integration der variablen Erneuerbaren Energien ermöglichen.
  • Die Bürgerinnen und Bürger müssen schon zu einem frühen Zeitpunkt beteiligt werden. Auf den Verordnungsvorschlag bezogen heißt dies, dass es mehr Transparenz und Beteiligung bei der Auswahl der Energieprojekte im europäischen Interesse geben muss, nicht nur bei der Umsetzung dieser Projekte.
  • Naturschutz und Netzausbau sind kein Gegensatz. Dies haben relevante Akteure wie NGOs und Übertragungsnetzbetreiber im Rahmen der Renewables Grid Initiative widerholt deutlich gemacht (European Grid Declaration on Nature Conservation, Pressemitteilung"Röslers Vorschläge zum Netzausbau schaffen keine Akzeptanz"). Um Konflikte erst gar nicht entstehen zu lassen, darf es keine widersprüchlichen Formulierungen im Verordnungsvorschlag geben.

Die Europäische Kommission hat bereits vor Verabschiedung der Verordnung eine Konsultation über mögliche Projekte begonnen. Ziel dabei ist, dass die Umsetzungsarbeit der Verordnung möglichst zügig begonnen werden kann und bereits erste Vorarbeiten geleistet wurden. Die breite Öffentlichkeit war gefragt, zu einzelnen möglichen Projekten als auch zum Verfahren Stellung zu nehmen.

Gemeinsam mit der Deutschen Umwelthilfe und dem NABU hat Germanwatch bei der Kommission eine Stellungnahme eingereicht, mit der wir auf den aktuellen Diskussionsprozess zum Netzausbau in Deutschland hinweisen und für eine Kohärenz zwischen beiden Planungsprozessen (Liste der vorrangigen Projekte auf europäischer Ebene einerseits und Bundesbedarfsplan in Deutschland andererseits) plädieren.

Katja Rottmann, Teamleiterin Deutsche und EU-Klimapolitik

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