Gemeinsame Position von Germanwatch und 50Hertz zu Kohleausstieg und Erneuerbaren-Ausbau

Cover Positionspapier zum Klimaschutz von 50Hertz und Germanwatch
Klimaschutz braucht verlässliche Rahmenbedingungen – beim Kohleausstieg und beim Ausbau Erneuerbarer Energien

Germanwatch und 50Hertz sind sich einig, dass der beschleunigte Kohleausstieg zeitnah entschieden werden muss – um allen Beteiligten und Betroffenen Rechts- und Planungssicherheit zu geben. Wir sind überzeugt davon, dass System- und Versorgungssicherheit nicht im Widerspruch zu einem beschleunigten Ausstieg aus der Kohle oder einem schnellen Ausbau der Erneuerbaren Energien stehen – wenn die Politik zeitnah den richtigen Rahmen setzt und einen klaren Pfad festlegt. Diese Kernaussage wurde auch durch einen Fachworkshop der Renewables Grid Initiative mit Vertreterinnen und Vertretern von Nichtregierungsorganisationen, Übertragungsnetzbetreibern sowie der Wissenschaft vor kurzem bestätigt. Im Einzelnen:

• Aktuell geht es darum, die Weichen für die nächste – systemische – Phase der Energiewende zu stellen. Fluktuierend einspeisende Erneuerbare Energien sind dafür nicht mehr nur eine Ergänzung zu einem grundlastbasierten System, sondern ersetzen dieses zunehmend. Um das zu ermöglichen, kommt dem Ausbau und der wirtschaftlichen Rahmensetzung für ausreichend Flexibilitätspotential eine zentrale Bedeutung zu.

• Der Netzum- und -ausbau ist ein wichtiges Element dieser Umstrukturierung. Die aktuellen Entwürfe der Novelle des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes (NABEG) stellen die Weichen dafür in die richtige Richtung. Eine frühzeitige Bürgerbeteiligung sollte dabei nicht als Hindernis, sondern im Gegenteil, als unabdingbare Notwendigkeit gesehen werden.

• Die Förderung des Netzum- und ausbaus durch das NABEG gliedert sich ein in eine ganze Reihe von Maßnahmen, die jetzt anstehen, um den Übergang in die systemische Phase der Energiewende zu ermöglichen. So spielen etwa das Nutzen von Flexibilität von großen Stromabnehmern, der entschiedene Ausbau von verschiedenen Arten von Speichern sowie eine smarte Gestaltung des Netzum- und -ausbaus im Verteilnetz eine wichtige Rolle.

• Wenn nun zur Umsetzung des Pariser Klimaabkommens ein beschleunigter Kohleausstieg in Angriff genommen wird, gilt es auch Gasturbinen bzw. dezentrale Notstromaggregate zu bauen, die jedenfalls dann anlaufen können, wenn angesichts schwankenden Wind- und Solarstroms Bedarf herrscht, der durch andere Flexibilitätsoptionen nicht abgedeckt werden kann. Um eine gute Kombination von Flexibilitätsmaßnahmen aufzubauen, werden etwa fünf bis sieben Jahre benötigt.

• Nun ist auch der richtige Zeitpunkt, die im Koalitionsvertrag beschlossenen Sonderausschreibungen in Angriff sowie die Umsetzung des angekündigten Erneuerbaren-Ausbauziels von 65 Prozent für die Zeit bis 2030 in den Fokus zu nehmen. Im Netzgebiet von 50Hertz werden bereits seit einigen Jahren rund 50 Prozent des Verbrauchs durch Erneuerbare Energien gedeckt, vor allem durch Photovoltaik und Wind. Im Jahr 2017 lag der Wert erstmals bei über 50 Prozent (53,4%). Der Anteil von 65 Prozent Erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch wird im 50Hertz-Netzgebiet bereits im Jahr 2021 erwartet. Bis 2030 sind auch Werte von 80 Prozent sicher in Netz und System integrierbar – wenn die gesetzlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen richtig gesetzt werden. Und der Spielraum des Möglichen entwickelt sich laufend weiter.

• Die aktuellen Ausschreibungsbedingungen für Erneuerbare Energien lösen das Problem des zunehmenden regionalen Ungleichgewichts beim Ausbau der Windenergie an Land indes nicht. Sollten bei den nun geplanten Sonderausschreibungen keine Änderungen am Ausschreibungsdesign vorgenommen werden, hätte dies zur Folge, dass sich Netzengpasssituationen verschärfen und die damit verbundenen Engpassmanagement-Kosten weiter ansteigen.

• Um den Ausbaubedarf der Übertragungsnetze nicht weiter zu erhöhen, sollten die aktuellen Ausschreibungsbedingungen nachgebessert und künftige Ausschreibungsrunden für Wind-Onshore Regionalmechanismen enthalten, die Netzengpasssituationen berücksichtigen und einen netz- und systemdienlichen Zubau insbesondere von Onshore-Windanlagen in jenen Gebieten sicherstellen, die ein starkes Netz vorweisen können. Dies würde u.a. zu einer regional ausgewogeneren Verteilung von Wind-Onshore-Anlagen führen.

• Neben einem dezentralen Ausbau von Erneuerbaren Energien an Land, sollten im Rahmen der Sonderausschreibungen auch die zur Verfügung stehenden Offshore-Windpotenziale berücksichtigt werden.

Seitenanzahl
3
Publikationstyp
Positionspapier

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(bis 15.6.24 in Politischer Fokus-Zeit)