Pressemitteilung | 01.06.2018

Vorschlag der EU-Kommission zur Agrarpolitik: Mehr Rhetorik - weniger gezielte Klima- und Artenschutzmaßnahmen

Deutschland und EU-Parlament müssen für Wandel zu ökologischer Landwirtschaft eintreten
Pressemitteilung

Berlin/Bonn (1. Juni 2018). Die heute vorgestellten Vorschläge der EU-Kommission für die Fortsetzung der EU-Agrarpolitik treffen bei der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch auf scharfe Kritik. Die Kommission hatte im vergangenen Jahr versprochen, die Agrarpolitik an den Globalen Zielen für nachhaltige Entwicklung - der Agenda 2030 der UN - auszurichten. Das hätte bedeutet, gesunde Ernährung zu fördern, Gewässer und Artenvielfalt zu schützen und die Einkommen von kleineren Betrieben zu verbessern. Mit dem konkretisierten Vorschlag zeigt sich nun, dass EU-Agrarkommissar Hogan nichts davon vorhat. Der Großteil der Gelder soll weiter auf Basis der bewirtschafteten Flächen ausgezahlt werden. Ziel ist, dass die Agrarindustrie trotz niedriger Erzeugerpreise weiter auf Weltmärkte exportieren kann. Zugleich droht jeder dritte Euro, der gezielt an Bauernhöfe für Umwelt-, Bienen- und Tierschutz gebunden ist, auf der Streichliste zu landen. Dies steht im Widerspruch zur Rhetorik der Kommission und zu Eurobarometer-Umfragen, denen zufolge Europas Bevölkerung von der Agrarpolitik mehrheitlich einen Schwerpunkt beim Tier- und Klimaschutz  erwartet. Ein positiver Aspekt ist hingegen die vorgeschlagene Obergrenze für die Zahlungen je Betrieb, wenn damit gezielt kleinere Betriebe gefördert werden.

Tobias Reichert, Agrarexperte von Germanwatch: „Weil bäuerliche Betriebe zu Weltmarktpreisen nicht umwelt- und tierfreundlich erzeugen können, schreitet die Industrialisierung der Landwirtschaft voran und kostet Europas Steuerzahler schon jetzt sehr viel Geld. So müssen Bürgerinnen und Bürger wegen Nitratbelastungen aus Gülle vielerorts höhere Wasserpreise zahlen. Rund acht Prozent der klimaschädlichen Emissionen der deutschen Landwirtschaft stammen allein aus der Exportproduktion. Zudem wurden für die Lagerung von Überschüssen von Milchpulver allein im Jahr 2016 über 100 Millionen Euro an öffentlichen Geldern ausgegeben. Eine besonders gefährliche Konsequenz der verfehlten EU-Agrarpolitik zugunsten der exportfixierten Fleisch- und Milchindustrie sind Gesundheitsrisiken, weil sich Antibiotikaresistenzen aus Tierfabriken ausbreiten und Lebensmittel und Gewässer kontaminieren.“

Germanwatch fordert, dass sich Deutschland und das Europäische Parlament konsequent dafür einsetzen, die Kommissionsvorschläge zu korrigieren und dass alle Gelder aus dem Europäischen Agrarhaushalt tatsächlich für nachhaltige Entwicklung und damit für den Umbau der Landwirtschaft Richtung Agrarökologie inklusive Tierschutz eingesetzt werden. Die neue Bundesregierung sollte zudem, anders als ihre Vorgänger, für eine betriebliche Obergrenze für Direktzahlungen eintreten.