Abschied von einer faszinierenden Kämpferin

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Abschied von einer faszinierenden Kämpferin

Weitblick 4/2017: Kristina Steenbock

 
Ihr klarer Kompass für Zukunftsfähigkeit, ihr unbestechlicher und doch pragmatischer Blick für mutige Strategien und ihre herzliche und zupackende Kameradschaft begeisterten. Kristina Steenbock war in den Jahren 2005 bis 2010 zweite Vorsitzende von Germanwatch. Für uns noch nicht fassbar ist sie Mitte Oktober nach langer, sich zuletzt zuspitzender Krankheit gestorben. Wir trauern um eine Freundin und Kollegin.

Kristina hatte immer den Mut zur Grenzgängerin. Sie wollte die Chancen der verschiedenen Logiksysteme, die zur Lösung der Nachhaltigkeitsprobleme zusammenarbeiten müssen, bis an deren Grenzen ausnutzen. So wechselte die wissenschaftliche Mitarbeiterin im Deutschen Bundestag 1992 zu Greenpeace. Während der folgenden Jahre, als sie die Leitung der politischen Vertretung von Greenpeace Deutschland innehatte und Greenpeace International bei der UN in New York vertrat, lernten wir sie kennen und schätzen. Sie wurde für uns eine wichtige Ansprechpartnerin, als sie als Referatsleiterin für Grundsatzfragen und Ökologie ins Bundeswirtschaftsministerium wechselte. Dort bereitete sie unter anderem Deutschlands offiziellen Beitrag zum Weltgipfeltreffen für nachhaltige Entwicklung in Johannesburg im Jahr 2002 vor.

Wir setzten große Hoffnung darauf, als sie dann zur zweiten Geschäftsführerin der Deutschen Energie-Agentur berufen wurde und mit Partnern aus dem Wirtschafts- und Finanzsektor Kampagnen für die Verbesserung der Marktzugänge für Erneuerbare Energien und Energieeffizienz-Technologien entwickelte. Auch in dieser Position ließ sie sich nicht verbiegen und als ökologisches Aushängeschild für eine falsche Energiepolitik der Bundesregierung nutzen. Bereits im Herbst 2003 trat sie von ihrem Posten zurück. Kristinas Handabdruck, ihr Beitrag für eine gerechtere und nachhaltigere Welt war schon damals beeindruckend.

Wir freuten uns umso mehr, dass wir sie damals dafür gewinnen konnten, für den Germanwatch-Vorstand zu kandidieren, wo sie das Profil von Germanwatch maßgeblich weiterentwickelte. Parallel dazu beriet sie Unternehmen im Kontext der Energietransformation. Im September 2010 wurde sie Geschäftsführerin der neuen Smart Energy for Europe Platform (SEFEP). Die innovative Plattform setzte sich dafür ein, europaweit eine vollständig dekarbonisierte, zuverlässige, sichere und vorwiegend aus erneuerbaren Energiequellen gewonnene Stromversorgung vor dem Jahr 2050 zu etablieren. Nachdem sie 2013 bereits krankheitsbedingt die Geschäftsführung bei SEFEP aufgegeben hatte, wurde sie Senior Advisor für den beschleunigten Ausbau der Energienetze bei der Renewables Grid Initiative (RGI) und arbeitete gleichzeitig auch als Beraterin – für Germanwatch.

Unverdrossen kämpfte sie weiter – gegen den Krebs, aber auch für die gemeinsamen Ziele. Sie unterstützte uns bis zuletzt, soweit es ihre Krankheit zuließ, durch wichtige und strategische Zuarbeit. Mitte September bedankte sie sich herzlich für eine vom gesamten Germanwatch-Team unterzeichnete Grußkarte. „Sowas macht gesund!!“, schrieb sie. Es ist ganz anders gekommen. Doch für uns wird diese kühl analysierende Strategin mit ihrem Humor und ihrem Kämpferherz als Freundin und anregende Persönlichkeit lebendig bleiben.
 

Christoph Bals & Klaus Milke