Ein Schritt zurück, drei nach vorne?

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Ein Schritt zurück, drei nach vorne?

Klimapolitik in Zeiten von Trump
Weitblick 4/2017: Grafik Stagnation der Emissionen

 
Der angekündigte Rückzug der Regierung Trump aus dem Paris-Abkommen erhöht die Verantwortung anderer Akteure für den Erfolg des Abkommens. Aber die Zeichen stehen nicht ganz schlecht, denn die globale Energiewende kommt in Gang: Seit 2015 ist der Kohleverbrauch weltweit gesunken, im Jahr 2016 um etwa sechs Prozent. Bereits in 30 Ländern sind Sonne und Wind kostengünstiger als fossile Energieträger – ohne jede Subvention. In den letzten drei Jahren sind erstmals die weltweiten energiebedingten CO2-Emissionen nicht mehr gestiegen, obwohl die Weltwirtschaft gewachsen ist.

Doch noch fallen die Emissionen zu langsam, um die globale Erwärmung auf deutlich unter 2°C oder 1,5°C begrenzen zu können. Bei Fortschreibung der bisherigen Entwicklungen steuern wir auf gut 3°C Erwärmung im Vergleich zu vorindustrieller Zeit zu – mit katastrophalen Folgen. Deswegen muss der Wandel jetzt beschleunigt und verstetigt werden. Es gilt zudem, den Strukturwandel gerecht zu organisieren; in enger Kooperation mit denen, die bereits von der Klimakrise betroffen sind.

Neue Führungsrollen

Erstens müssen die Klimaverhandlungen nun die Regeln für die wirkungsvolle Umsetzung des Klimaabkommens von Paris erarbeiten. Nach dem Ausfall der USA braucht es dazu neue Führung – aber nicht im Sinne einer neuen Führungsmacht, sondern im Sinne gemeinsamer Verantwortung verschiedener Akteure. Die Europäische Union und China werden eine wichtige Rolle spielen müssen, gemeinsam mit Kanada und einer Reihe von lateinamerikanischen und afrikanischen Ländern, die sich zur ambitionierten Ausgestaltung des Pariser Abkommens bekennen. Neue Führung kommt auch von den rund 50 verletzlichsten Entwicklungsländern, die zum Beispiel bereits angekündigt haben, ihre Klimaziele ab 2018 zu überarbeiten und zu erhöhen.

Neue Akteure

Zweitens müssen die Akteure unterhalb der Ebene der Nationalstaaten anerkannt werden, die den Klimaschutz vorantreiben. Die USBundesregierung mag sich aus dem Paris- Abkommen zurückziehen, aber die Mehrheit der US-AmerikanerInnen setzt mehr denn je auf den Klimaschutz. Eine Koalition von neun Bundesstaaten, über 220 Städten und 1.650 Unternehmen und Investoren will sogar dafür sorgen, dass das US-Klimaziel eingehalten wird, an das die Trump-Regierung sich nicht mehr gebunden fühlt, und dazu einen quantifizierten Bericht bei den Vereinten Nationen einreichen.

Neue Partnerschaften

Drittens geht es nun um neue Partnerschaften zur konkreten Umsetzung. Die Europäische Union kann mit ihren Nachbarn in Osteuropa, auf dem Balkan oder in Nordafrika Transformationspartnerschaften schließen, die nicht nur dem Klima helfen, sondern neue Perspektiven schaffen. In der Ost-Ukraine führen beispielsweise steigende Energiepreise zu enormen sozialen Verwerfungen. Investitionen in Energieeffizienz und Erneuerbare Energien können hier wirtschaftliche Chancen schaffen und zur Stabilisierung der ganzen Region beitragen. Ein anderes Beispiel für neue Zusammenarbeit ist die Africa Renewable Energy Initiative, die sehr ehrgeizig die Energiewende in Afrika voranbringen will. Sie wird von afrikanischen Institutionen entwickelt und umgesetzt, mit finanzieller Unterstützung aus den Ländern des Nordens. Beim Umgang mit Klimafolgen hilft etwa die InsuResilience-Initiative, die Klimarisikoversicherungsinstrumente unterstützt, um insbesondere auch die Ärmsten, die sich keine Versicherung leisten können, besser gegen Wetterextreme abzusichern. Germanwatch wird in den nächsten Jahren solche Initiativen intensiv begleiten. Denn ohne eine wache und aktive Zivilgesellschaft wird es nicht gelingen, die notwendige Transformation ambitioniert und gerecht zu gestalten.
 

Lutz Weischer
 

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