Industrie bekommt Zertifikate für jährlich 15 Mio Tonnen CO2 geschenkt

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Industrie bekommt Zertifikate für jährlich 15 Mio Tonnen CO2 geschenkt

Die Bundesregierung hat sich auf einen Kompromiss zum Emissionshandel und gegen den Klimaschutz geeinigt. Nach unserer Einschätzung stellt dieser Kompromiss eine Wende der deutschen Klimapolitik dar. Lobbyismus hat gegen Gemeinwohl gesiegt, Vergangenheit gegen Zukunft. Die Industrie wird vom Großteil ihrer vor drei Jahren gegebenen Klimaschutzzusagen befreit.

Germanwatch gibt eine kurze Zusammenfassung der Verhandlungsergebnisse durch das Bundesumweltministerium wieder, gefolgt von einer Bewertung des WWF (beide vom 30.3.04).
 

BMU: Wirtschaft muss ihren Beitrag zum Klimaschutz leisten

"Deutschland muss bis 2012 17 Mio. t CO2 einsparen, um das Kiotoziel zu erreichen.

Mit dem Beschluss zum Emissionshandel ist klargestellt: Industrie und Energiewirtschaft haben ihren Beitrag zum Klimaschutz zu leisten - von den einzusparenden 17 Mio. t CO2 müssen sie 10 Mio. t einsparen.

Die Gesamtmenge der Emissionen in der ersten Handelsperiode von 2005 - 2007 beträgt 503 Mio. t. Damit ist klar: Auch in der ersten Handelsperiode muss reduziert werden. In der Handelsperiode 2005 - 2007 müssen Industrie und Energiewirtschaft ihren CO2-Ausstoß um 2,2 % reduzieren.

In der 2. Handelsperiode 2008 - 2012 werden die Emissionen von Energiewirtschaft und Industrie auf 495 Mio. t begrenzt - dies wird mit einer Überprüfungsklausel für 2006 versehen. Zur Zeit ist Deutschland damit das einzige Land, das sich jetzt bereits für die zweite Handelsperiode auf eine Zahl festlegt.

Die Modernisierung des Kraftwerkparks wird angegangen - ein Plus für Umwelt, Wachstum und Beschäftigung. Es gibt eine attraktive Übertragungsregelung (4 Jahre dürfen Zertifikate bei Ersatz alter durch neue Anlagen behalten werden, danach gilt 14 Jahre Erfüllungsfaktor 1). Es gibt für sehr alte und ineffiziente Anlagen in der 2. Handelsperiode eine zusätzliche Reduktionsverpflichtung.

Die prozessbedingten Emissionen (ohne Reduktionsverpflichtung) für Stahl betragen 2005-2007 40 Mio. t, die sonstigen prozessbedingten (Glas, Zement) 21 Mio. t - zusammen also 61 Mio. t.

Die early action (Reduktionen vor 1997) werden mit 80 Mio. t veranschlagt.

Jeweils 1,5 Mio. t werden in den Jahren 2005-2007 für KWK und Atomausstieg vorgehalten.

Der Allokationsplan wird am Mittwoch im Kabinett verabschiedet.

Dies geschieht unter Parlamentsvorbehalt. Dabei wird festgehalten, dass sich Deutschland für eine Ratifizierung des Kioto-Protokolls ebenso einsetzt, wie für eine Notifizierung der Allokationspläne entsprechend der Ziele im Rahmen des EU-Burden-Sharings."

>> Vollständiger Nationaler Allokationsplan [PDF, 400KB]
 

Bewertung durch den WWF

... insgesamt

"Die deutsche Industrie hat in ihrer freiwilligen Selbstverpflichtung von 2001 eine Reduktion ihrer CO2-Emissionen um 45 Mio t bis 2010 gegenüber 1998 zugesagt. Von 1998 (508 Mio t ) sollten somit bis 2010 die CO2-Emissionen auf 463 Mio t CO2 reduziert werden. Von dieser ursprünglichen Zusage ist nur noch etwa ein Drittel übrig geblieben."

... zu New Entrants

"Vernünftig wäre ein Gas-und-Dampfkraftwerk-Benchmark (GuD) in Höhe von 365 g CO2/kWh gewesen, um neuen Marktteilnehmern keine Markteintrittsbarriere aufzubauen, trotzdem aber eine Lenkungswirkung der Investitionen in CO2-arme Energieträger zu erreichen. Mit 750 g CO2/kWh wurde ein Benchmark etabliert, der sich an Steinkohle orientiert. Eine Lenkungswirkung in CO2-arme Energieträger findet nicht statt."

... zur Behandlung von Ersatzanlagen

"Mit diesen beiden Neuanlagen-Regelungen werden die marktwirtschaftlichen Anreize, in CO2-arme Energieträger zu investieren, nahezu eliminiert. Der Stand der Technik wird auf 18 bzw. 14 Jahre festgeschrieben. Ein Business-as-usual Szenario mit dem forcierten Zubau von Kohlekraftwerken ist möglich. Die Internalisierung externer Kosten findet so gut wie nicht statt. Richtig wäre eine längere Periode der Übertragung und ein kürzerer Zeitraum ohne Reduktionsanforderung (z.B. nur 5 statt 14 Jahre) gewesen."

... zum Modernisierungsanreiz

"Der Ansatz ist richtig, aber hier ist man gerade RWE weit entgegengekommen. Viele von deren Braunkohle-Anlagen sind zwar älter als 30 Jahre, der Wirkungsgrad liegt jedoch meist wenig über 31%.

... zusammenfassend:

"Die Reduktionsziele haben sich weit von der Kraftwärmekopplungsvereinbarung aus dem Jahr 2001 entfernt. Statt 45 Mio t CO2 müssen nun nur noch 13 Mio t CO2 reduziert werden. Es gibt so gut wie keine Anreize, in effizientere Technologien und CO2-arme Energieträger zu investieren. Der Stand der Technik wird auf 14 bzw. 18 Jahre fest geschrieben."
 

Quelle: www.wwf.de/imperia/md/content/klima/NAP-maerz.pdf [PDF, 24KB]