Fluchtursache Klimawandel

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Fluchtursache Klimawandel

Eine Schutzagenda für klimabedingt Vertriebene ist notwendig
Weitblick-Bild 3/15: Fluchtursache Klimawandel

Wetterextreme und Vertreibung: Fast dreimal mehr Menschen werden durch Naturkatastrophen vertrieben als durch Konflikte (Zahlen für 2013, Norwegian Refugee Council). (Foto: UNHCR/J.Ose, CC BY-NC-ND 2.0)

Die ganz überwiegende Zahl von Flüchtlingen kommt derzeit aus anderen Gründen nach Deutschland. Aber die Auswirkungen des Klimawandels stellen schon heute besonders verletzliche Staaten und Bevölkerungsgruppen vor große Probleme und verstärken Faktoren, die zu Fluchtursachen werden können. Durch den steigenden Meeresspiegel kommt es zu Engpässen in der Frisch- und Trinkwasserversorgung, Böden versalzen, Land wird unfruchtbar. Dürren gefährden durch Wasserknappheit und den Verlust von fruchtbarem Land die Ernährungssicherung. Auch der Weltklimarat IPCC sieht eine zunehmende Bedrohung für die menschliche Sicherheit und verweist auf eine Zunahme klimabedingter Migration. Immer häufiger tragen solche Entwicklungen dazu bei, dass Menschen ihre angestammten Umgebungen verlassen müssen. Bisher wandern nach Wetterkatastrophen die meisten MigrantInnen in andere Regionen ihres Heimatlandes ab – häufig vom Land in die Slums der Städte. Die bisher kleine, aber wachsende Gruppe von Menschen, die wegen des Klimawandels grenzübergreifend flüchten, fällt nicht unter das Mandat der Genfer Flüchtlingskonvention, ihnen fehlt jeglicher Schutzstatus.

2010 beim Klimagipfel in Cancún einigte sich die Staatengemeinschaft erstmals darauf, in Bezug auf klimabedingte Vertreibung und Migration bzw. geplante Umsiedlung auf nationaler, regionaler und internationaler Ebene zu kooperieren. Damit war völkerrechtlich der Startschuss gegeben, dass sich UN-Agenturen wie der UN-Flüchtlingsrat (UNHCR) und die Internationale Organisation für Migration (IOM) um das Thema kümmern konnten. Norwegen und die Schweiz gründeten zudem 2012 die Nansen-Initiative, die – zunächst noch außerhalb offizieller UN-Prozesse – pragmatische Handlungsvorschläge entwickelt. In den nächsten Jahren gilt es, eine solche „Schutzagenda“ – inklusive Prinzipien und Ansätzen zum Umgang mit klimabedingter grenzüberschreitender Flucht – international umzusetzen. In Paris muss die Staatengemeinschaft, z. B. als konkrete Arbeit zum Thema klimawandelbedingte Schäden und Verluste, Prozesse definieren und nutzen.

Der Klimawandel wird zu einem immer stärkeren Risikomultiplikator für Fluchtursachen. Es wäre kontraproduktiv, wenn die derzeitige Flüchtlingskrise die Bekämpfung großer Fluchtursachen der Zukunft in den Hintergrund drängen würde.
 

Vera Künzel